Warnstreik: Unis in Tschechien fordern mehr Geld
Am Dienstag gab es an mehreren Hochschulen in Tschechien einen einstündigen Warnstreik. Damit wird die Auseinandersetzung um eine angemessene Finanzierung der Bildungseinrichtungen lautstark fortgesetzt.
„Noch im Frühjahr waren wir nur einige wenige Fakultäten. Heute aber sind Vertreter aller Fachbereiche quer durch ganz Tschechien hier."
So hieß es in einem Redebeitrag bei der zentralen Protestaktion der Karlsuniversität am Dienstag in Prag. Lehrende und Studierende im ganzen Land machen schon seit Jahresanfang öffentlich mobil gegen die mangelhafte Finanzierung der Hochschulen in Tschechien. Zu niedrige Gehälter seien der Grund für eine Abwanderung der Dozenten, so ein häufig vorgebrachtes Argument. Der einstündige Warnstreik am Dienstag war landesweit von dem Gewerkschaftsbund der Hochschulen (VOS) und der Initiative „Hodina pravdy“ (Stunde der Wahrheit) einberufen worden. Einer, der die öffentliche Diskussion von Anfang an vorantreibt, ist Jan Stejskal, der Dekan der Philosophischen Fakultät der Palacký-Universität in Olomouc / Olmütz:
„In Tschechien werden die Talente junger Akademiker vergeudet", klagte Stejskal auf dem Podium in Prag. Auch an seiner Wirkungsstätte in Olmütz sowie in anderen Universitätsstädten war am Dienstag die zentrale Forderung des Streiks zu hören: nämlich die Erhöhung des Hochschuletats im kommenden Jahr um drei bis vier Milliarden Kronen (120 bis 160 Millionen Euro).
Bildungsminister Mikuláš Bek (Stan) bezeichnet dies als unrealistisch. Er will den Hochschulen 2024 nur eine Milliarde Kronen (41 Millionen Euro) mehr zur Verfügung stellen. Diese Summe soll dazu eingesetzt werden, die Gehaltsunterschiede zwischen den einzelnen Fakultäten anzupassen. Die konkrete Verwendung der staatlichen Gelder liege allerdings in den Händen der jeweiligen Dekane, betonte Bek vor der Presse:
„Die aktuelle Lage halte ich für das Ergebnis eines akademischen Egoismus. Denn wenn das Durchschnittsgehalt eines Fachassistenten an einer Uni 57.000 Kronen betragen kann, ist es die Entscheidung der Leitung einer anderen Hochschule, dass ein Fachassistent bei ihr nur 30.000 Kronen verdient.“
Dem widersprach die Dekanin der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität, Eva Lehečková, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„In diesem ernsthaft unterfinanzierten Sektor lassen sich solche Reformen nur schwer umsetzen, denn es gibt keine Sicherheit. Der gesamte Hochschulbereich steht derzeit unter einem enormen Stress.“
Die Regierung Tschechiens hat ihren Staatshaushalt für 2024 an ihren Konsolidierungsplänen ausgerichtet, die ressortübergreifend eher Kürzungen als Zuschläge vorsehen. Sollte es in Sachen Hochschulfinanzierung nun nicht mehr zu den geforderten Aufstockungen kommen, kündigt die Gewerkschaft weitere Proteste für den 17. November an, dem Internationalen Studententag und dem tschechischen Staatsfeiertag zur Samtenen Revolution 1989.
Das langfristige Ziel der Streikenden ist es zudem, die Hochschulfinanzierung hierzulande auf das Durchschnittsniveau der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu bringen, in der Tschechien Mitglied ist. Der OECD-Mittelwert beträgt 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). In Tschechien sind es aktuell nur 0,9 Prozent.