Einstand mit Ausstand: Schulstreik begrüßt neuen Bildungsminister im Amt

Foto: ČTK

Am Dienstagvormittag wurde der Grünen-Politiker Ondřej Liška zum neuen Bildungsminister ernannt. Sein Einstand konnte allerdings steiniger nicht sein: Kaum hat er auf dem Ministersessel Platz genommen, stehen die Schulangestelltem vor seiner Tür. Die Schulgewerkschaft hat zum Streik gerufen, sie ist jedoch zu Gesprächen mit dem neuen Minister bereit. Zuerst sollte aber ein Warnschuss abgegeben werden und das ist geschehen.

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Es ist wohl der größte Schulstreik in der tschechischen und tschechoslowakischen Geschichte sein. Nach Gewerkschaftsinformationen sind am Dienstag rund 128.000 Beschäftigte im Schulwesen in den Ausstand getreten – mehr als die Hälfte der Gesamtzahl. Mit dem Streik will die Gewerkschaft auf die niedrigen Löhne aller Angestellten aufmerksam machen – vom Hausmeister bis zum Lehrer. Derzeit liegt der Durchschnittslohn aller Beschäftigten im tschechischen Schulwesen bei knapp 21.000 Kronen (umgerechnet 770 Euro); die Lehrer erhalten dabei im Schnitt monatlich nur wenig mehr, nämlich rund 23.000 Kronen (850 Euro). Allerdings bestehen deutliche Unterschiede zwischen Grundschulen und Gymnasien.

Insgesamt haben sich die Löhne in den vergangenen zehn Jahren in etwa verdoppelt. Tatsächlich stimmen auch nicht alle Lehrer mit den Forderungen nach einer besseren Bezahlung überein, wie zum Beispiel Jiří Trunda, der an einer Schule im Prager Stadtteil Vinohrady unterrichtet:

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„Wir sollten uns da nichts einreden. Nicht alle Lehrer arbeiten so, wie sie sollten, und ich sehe keinen Grund, ihnen dafür mehr Geld zu geben. Wenn also zusätzliche Finanzen für das Schulwesen bereitgestellt werden, dann außerhalb des Tarifs als Belohnung für diejenigen, die gut arbeiten.“

Der überwiegende Teil der Lehrer in Tschechien sieht das jedoch anders; die Löhne seien reell zu niedrig. Ivo Mlejnecký, der eine Grundschule in Prag leitet, glaubt, dass die Schulen allgemein unterfinanziert sind:

„Häufig wird auch vergessen, dass neue Lehrpläne ausgearbeitet wurden. Das heißt, in diesem Jahr und in den nächsten vier bis fünf Jahren wird der Bedarf für die Anschaffung neuer Schulbücher höher sein als gewohnt. Und was macht der Staat? Er reagiert darauf, indem er weniger Geld gibt.“

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So und ähnlich äußerten sich auch die meisten Teilnehmer einer Demonstration der Streikenden, zu der die Schulgewerkschaft aufgerufen für Dienstagmittag hatte. Einige hunderte Unzufriedener zogen vor das Schulministerium in Prag und danach weiter zum nahe gelegenen Abgeordnetenhaus, um ihren Unmut kund zu tun.

Gewerkschafter und Lehrer versicherten am Rand der Protestkundgebung, dass die Zahl der Streikenden die eigentliche Zahl derer, die den Streik unterstützen, nicht annähernd wiedergebe. Vielen hätten das Messer am Hals und würden deswegen nicht mitmachen. An anderen Schulen sei der Streik aus organisatorischen Gründen unmöglich – entweder fehlen dort Gewerkschaftsorganisationen oder Kinder und Eltern konnten nicht rechtzeitig informiert werden.

Den frisch gebackenen Bildungsminister Ondřej Liška, der neben Gewerkschaftern ebenfalls auf das Podium vor die Demonstrierenden trat, empfing trotz allem leichter Applaus. Doch er bedeutet kein Ruhebett. Wenn sich nichts ändere, seien dieser Streik und diese Demonstration nur ein Anfang gewesen, hieß es von Seiten der Anwesenden.