Eishockey-Playoffs: Brünn schaltet Erzrivalen Sparta Prag mit Sweep aus

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In der tschechischen Eishockey-Extraliga hat vor einer Woche der Kampf um die diesjährige Meisterschaft begonnen. In den Playoffs treffen die besten acht Mannschaften aufeinander und machen den Titel unter sich aus. Sechs von ihnen haben den Meisterpokal schon mindestens einmal gewonnen, doch der bisherige Rekordsieger fehlt: Dukla Jihlava. Der Verein aus der Böhmisch-Mährischen Höhe spielt zurzeit nur in der zweiten Liga, feierte unlängst aber seinen 60. Geburtstag.

Branko Radivojevič  (Foto: HC Bílí Tygři Liberec)
Titelverteidiger im tschechischen Eishockey ist die Mannschaft von Bílí Tygři Liberec. Auch sie ist in die Playoffs gestartet. Und wie im Vorjahr haben die Weißen Tiger auch die beste Ausgangsposition: Ihre 103 Punkte bedeuteten Platz eins nach der Hauptrunde. Deshalb treffen die Nordböhmen im Viertelfinale auf das nach dem Vorkampf am schlechtesten platzierte Team des Oktetts. Das ist der HC Škoda Pilsen, der sich in den Pre-Play-offs gegen den HC Vítkovice Ridera durchsetzte. Der erste Torschütze in der Serie zwischen Liberec / Reichenberg und Pilsen war der Kapitän des Meisters, der Slowake Branko Radivojevič:

„Der Puck wurde vorher abgefälscht und sprang mir glücklicherweise vor den Schläger. Ich wollte dann vor allem aufs Tor treffen. Das ist mir gelungen, und die Scheibe ging oben in den Winkel. Das war ein wichtiger Treffer, der unsere Nerven beruhigt hat. Kurz darauf fiel unser zweites Tor, das erste Drittel war also gut für uns.“

Liberec behielt auch danach den Kopf oben und gewann die Auftaktpartie mit 3:1. Radivojevič warnte indes davor, den Kontrahenten zu unterschätzen:

„Pilsen ist ein sehr unangenehmer Gegner, eine echte Play-off-Mannschaft. Das hat man heute wieder gesehen. Wir aber müssen unser Spiel durchbringen und darüber hinaus die Schlüsselspieler der Pilsener ausschalten.“

Vojtěch Němec  (Foto: ČTK)
Dies ist Liberec danach im zweiten Vergleich gelungen, der 4:2 gewonnen wurde. Nach der 3:6-Niederlage am Sonntag in Pilsen aber führt der Meister in der Serie nur noch mit 2:1.

Einen überraschenden Verlauf nahm bislang das Duell des Tabellen-Zweiten gegen den Siebten, in dem Favorit Třinec nach drei Spielen gegen Chomutov / Komotau mit 1:2 im Rückstand liegt. Dem Halbfinale schon ein Stück näher ist das Team aus Hradec Králové / Königgrätz, in der Serie mit Litvínov liegt es 3:1 vorn. Der große Kracher aber war das Prestige-Duell zwischen Sparta Prag und Kometa Brünn. Die beiden Traditionsvereine sind nach Jihlava / Iglau die erfolgreichsten Titelsammler – Brno / Brünn gewann die Meisterschaft elf Mal, und der Hauptstadt-Club holte sie acht Mal. In diesem Jahr würden die Brünner nach Titeln gerne zu Jihlava aufschließen, und dazu haben sie bereits den ersten Schritt gemacht – sie bezwangen den Erzrivalen aus Prag viermal in Folge und dominierten die Serie klar mit 4:0. Beim 4:1-Sieg im vierten Match erzielte Stürmer Vojtěch Němec einen Hattrick. Seine Tore waren sicher wichtig, doch für das Weiterkommen der Brünner waren andere Tugenden ausschlaggebend, meinte danach der 31-Jährige:

„Dies waren unser Teamgeist, unser Einsatz, gepaart mit Entschlossenheit, sowie die Superleistung unseres Torwarts.“


60 Jahre Dukla Jihlava: Vorzeigeklub vor 1989 – zweitklassig nach der Wende

Miloš Podhorský  (rechts). Foto: Archiv HC Dukla Jihlava
Der HC Dukla Jihlava wurde 1956 als Armeesportklub unter dem Namen Křídla vlastí Olomouc gegründet. In Olomouc / Olmütz, der zentralen Stadt der Haná-Ebene, hat der Verein aber nie gespielt, er zog noch im gleichen Jahr ins benachbarte Jihlava um. Zum Gründungskader gehörte der legendäre Torwart Miloš Podhorský:

„In Olmütz wollte man uns nicht, denn dort gab es mit Moravia schon einen Zweitligaverein. Die Ratsherren von Jihlava aber zeigten sich entschlossen, uns in ihre Stadt zu holen. Sie haben um uns gekämpft, also sind wir hier geblieben.“

Als erstes wurde nun ein Trainer gesucht, gefunden wurde er in Ladislav Kobera. Der Kader bestand aus 16 Spielern, und mit ihnen startete Dukla Jihlava in der Saison 1956/57 zunächst in der zweiten Liga. Die Mannschaft spielte jedoch so gut, dass sie sofort in die erste Liga aufstieg. Und genau zehn Jahre später, am Ende der Saison 1966/67, konnten die Rot-Gelben bereits ihren ersten Titel feiern. Torhüter Podhorský war einer der Triumphatoren. Er erinnert sich noch sehr gut, mit welch renommierten Teamkollegen er damals zusammenspielte:

Miloš Podhorský: „In Olmütz wollte man uns nicht, denn dort gab es mit Moravia schon einen Zweitligaverein. Die Ratsherren von Jihlava aber haben um uns gekämpft, also sind wir hier geblieben.“

„Die Brüder Holík waren hervorragende Spieler. Denken Sie nur an Jiří Holík. Er lief ab 1963 für Jihlava auf und wurde schon kurz danach in die Nationalmannschaft berufen. Und in dieser spielte er dann so ziemlich seine gesamte Karriere lang.“

Eigentlich wollte Jiří Holík aber zunächst gar nicht für Jihlava antreten. Ihn zog es zu Sparta Prag. Mit den Hauptstädtern war er sich auch schon einig, ehe sein Vater ein Machtwort sprach. Der Grund dafür war sein älterer Bruder Jaroslav, der in Jihlava spielte. Jaroslav aber plagten gerade große gesundheitliche Probleme. Jiří Holík:

„Mein Vater sagte damals: Du gehst nicht zu Sparta, sondern nach Jihlava. Du musst deinem Bruder helfen. Also ging ich nach Jihlava, und dort bin ich dann für immer geblieben.“

Jiří und Jaroslav Holík  (Foto: Archiv HC Dukla Jihlava)
Die Brüder Holík waren von 1967 bis 1974 an allen sieben Titeln beteiligt, die Dukla in jenen Jahren gewonnen hat. Der Armeesportklub war damals im eigenen Land nahezu unschlagbar, woran auch weitere große Spieler wie Jan Suchý, Josef Augusta, Jan Hrbatý oder Jan Klapáč ihren Anteil hatten. Nicht zu vergessen ist das legendäre Trainerduo Jaroslav Pitner und Stanislav Neveselý, das die Mähren in dieser Glanzzeit von Erfolg zu Erfolg führte. Und die Meistertitel wurden stets sehr ausgelassen gefeiert, erzählt Neveselý:

„Das waren recht lebendige Feiern, der Hauptplatz in Jihlava war voller Leute. Und wir hatten sehr aufrichtige Fans. Sie unterstützten uns in großer Zahl bei den Heimspielen, obwohl wir in einer kalten und wenig komfortablen Halle spielten. Von daher wurden auch die Meistertitel sehr offenherzig gefeiert.“

Stanislav Neveselý gewann die ersten zwei Pokale noch als Spieler. Bei den folgenden fünf Triumphen stand er Jaroslav Pitner als Co-Trainer zur Seite. Doch damit nicht genug, Neveselý gewann schließlich noch drei Titel als Cheftrainer. Damals gelang Dukla von 1982 bis 1985 eine weitere Siegesserie. Neveselýs Co-Trainer war kein Geringerer als der Weltmeister von 1972, Jaroslav Holík. In der zweiten Titel-Ära aber gaben nun andere Spieler den Ton an. Der populärste von ihnen war Oldřich Válek. Er war ein bulliger Stürmer mit einer überragenden Physis:

Stanislav Neveselý: „Das waren recht lebendige Feiern, der Hauptplatz in Jihlava war voller Leute. Und wir hatten sehr aufrichtige Fans. Von daher wurden auch die Meistertitel sehr offenherzig gefeiert.“

„Natürlich habe ich dafür auch einiges getan. Meine Mitspieler haben allerdings gestaunt, wie ich das mache. Deshalb haben beispielsweise Jaroslav Benák und Libor Dolana auch schon mal gefrotzelt: ‚Trink ruhig zwei Bier mehr, wir werden für dich dick.‘ Das war schon witzig. In meiner aktiven Karriere habe ich gern und viel trainiert, deshalb bin ich auch lange fit geblieben.“

Sehr gute Fitness, Moral und Disziplin – das waren überhaupt einige der Grundtugenden beim einstigen Armeesportverein in Jihlava. Sie waren die Basis für den Erfolg. Wenn aber dennoch Einzelne mal über die Stränge schlugen, dann waren die Trainer nicht diejenigen, die gleich bei der ersten Verfehlung eines Spielers den Stab über ihn brachen. Wenn aber jemand bei ihnen in Ungnade gefallen war, dann hatte er im Kreise des Teams etwas gutzumachen. Oder es musste ein außergewöhnlicher Spieler sein. Ein solcher war Jan Suchý. Der Verteidiger war einer der ersten Spieler überhaupt, der sich mit seinem Körper in die Schüsse des Gegners warf. Suchý war äußerst offensivstark, bei Weltmeisterschaften wurde er zweimal zum besten Verteidiger des Turniers gekürt und viermal ins All-Star-Team gewählt. TV-Sportreporter David Lukšu hat ein Buch über ihn geschrieben. Darin enthalten ist auch eine wunderbare Anekdote, die Lukšu immer wieder gern erzählt:

David Lukšů  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„An einem Abend saß Suchý mit Freunden in einer Kneipe in Jihlava, es gab etwas zu feiern. Die Fete war sehr ausgelassen, und Suchý vergaß, dass er am nächsten Tag zu einem Punktspiel nach Budweis reisen musste. Als der Autobus am nächsten Morgen zur Abreise bereitstand, stellte Trainer Pitner fest, dass sein bester Spieler nicht an Bord ist. Man begann ihn zu suchen und fand ihn in der Kneipe. Suchý stieg danach übermüdet in den Bus und schlief die ganze lange Fahrt bis Budweis. Als er aufwachte, sagte ihm der Trainer: ‚Honza (Kosename für Jan, Anm. d. Red.), wenn du heute keine sehr gute Leistung zeigst, dann bekommst du Probleme mit mir und erhältst eine Disziplinarstrafe.‘ Und was machte Jan Suchý? Er erzielte in diesem Spiel fünf Tore und gab vier Vorlagen. Dem ist nichts hinzuzufügen.“

Nach den großen Erfolgen von Dukla Jihlava in den 1960er bis 1980er Jahren, zu denen auch der vierfache Gewinn des traditionellen Spengler Cups gehörte, wurde es merklich stiller um den Verein. Der letzte Meistertitel wurde vor 26 Jahren, in der Saison 1990/91 errungen. Eine Stütze des siegreichen Teams war Torwart Oldřich Svoboda:

„Das war eine tolle Saison. Wir hatten eine ausgezeichnete Mannschaft mit vielen jungen Talenten, aber auch erfahrenen Spielern wie Libor Dolana, Petr Vlk, Aleš Polcar oder Bedřich Ščerban. Die alten Kämpen haben die Jungen um sich geschart, und gemeinsam waren wir ein verschworener Haufen. Unser Weg zum Titel endete mit einem hohen 7:0-Sieg, es war einfach eine überragende Saison.“

Danach aber wurden die Auswirkungen der politischen Wende für den einstigen Vorzeigeklub immer spürbarer. Vordem konnte der Verein vor allem deshalb so erfolgreich sein, weil die besten tschechoslowakischen Spieler im Rahmen ihres Armeedienstes für die Mannschaft spielen mussten. Nach dem Regimewechsel fiel dieser Vorteil für Dukla Jihlava weg.

In der Extraliga, der höchsten tschechischen Spielklasse, konnte sich der Klub mit Müh und Not bis 1999 halten. In der Saison 2003/04 schafften die Mähren den Wiederaufstieg, mussten aber nach nur einem Spieljahr in der Extraliga erneut ins Unterhaus. Seit 2005/06 spielt der HC Dukla Jihlava in der 1. Liga, der zweithöchsten Spielklasse Tschechiens.

Autor: Lothar Martin
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