Während in mehreren Ländern Europas eine immer größere Liberalisierung auf dem Energiesektor angestrebt wird, die es ermöglichen soll, dass Unternehmen mit den verschiedensten Energieträgern in den Wettbewerb treten, setzt man in Tschechien auf die weitere Stärkung der de facto konkurrenzlosen Tschechischen Energiewerke (CEZ). Mit welchen Vorstellungen und Auswirkungen das geschieht, dazu mehr von Lothar Martin.
Der tschechische Minister für Industrie und Handel, Milan Urban, will aus der Aktiengesellschaft CEZ einen mitteleuropäischen Energiegiganten machen. Daher will er durchsetzen, dass sich das staatliche Unternehmen bemüht, an allen wichtigen Privatisierungen teilzunehmen, die in der mittel- und südosteuropäischen Region über die Bühne gehen. So werde CEZ mit von der Partie sein, wenn es in Polen zur Privatisierung des Energiesektors kommen sollte. Des weiteren seien Zypern und Mazedonien im Gespräch, informierte der Minister. In Bulgarien hat CEZ bereits das Rennen beim Erwerb der dortigen Energievertriebsfirmen gemacht, in der Slowakei allerdings wurde der Aktiengesellschaft bei der Privatisierung der Slowakischen Energiewerke das italienische Unternehmen Enel vorgezogen. Aber gerade hier im Nachbarland haben CEZ und das Prager Wirtschaftsministerium noch längst nicht aufgegeben. "Wir sind vorbereitet, mit CEZ erneut in die Verhandlungen einzusteigen, sollte es mit Enel nicht zur Unterzeichnung aller die Transaktion besiegelnden Dokumente kommen, bestätigte Minister Urban.
Foto: Jana Sustova
Im vergangenen Jahr 2003 entstand durch Verschmelzung mit regionalen Elektro-Energiegesellschaften aus dem überwiegenden Teil der Stromversorgung der Tschechischen Republik die CEZ-Gruppe. Dank des Zusammenschlusses und der europaweiten, Gewinn versprechenden Aktivitäten des Unternehmens ist der Aktienkurs des Energiegiganten CEZ erst vor einer Woche um 5,29 Prozent auf seinen neuen Rekordwert von 268,90 Kronen (CZK) gestiegen. Aber nicht nur deshalb ist das Interesse der Investoren gestiegen. CEZ hat nämlich bereits verkündet, die Elektroenergie im Jahr 2005 um durchschnittlich elf Prozent teurer zu verkaufen. Ein Vorhaben, das die hiesigen Industrieunternehmen mächtig verstimmt hat. Die Maßnahmen, die die Vereinigung der Energie-Großverbraucher dagegen unternehmen will, unterstützt auch der Verband für Industrie und Verkehr, dessen Generaldirektor Zdenek Liska gegenüber dem Tschechischen Rundfunk äußerte:
"Die Vereinigung beabsichtigt, sowohl gegen die Regierung als auch gegen die Energie-Regulierungsbehörde vorzugehen. Wir unterstützen sie selbstverständlich dabei, denn die Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen wären enorm."
Die tschechischen Firmen spüren also bereits, was es heißt, wenn ein Monopolunternehmen auf dem lebenswichtigen Energiesektor den Ton angibt. Die Europäische Union jedenfalls hat die Tschechische Republik und weitere 17 EU-Staaten bereits auf die Unzulänglichkeiten in der Legislative bei der Liberalisierung des Energiemarktes aufmerksam gemacht.