Energiekrise: Tschechien deckelt Gas- und Strompreis
Die tschechische Regierung ist in Zugzwang: Die Energiepreise steigen, und in der kommenden Woche stehen hierzulande die Kommunalwahlen an. Nun wurde eine Deckelung der Kosten für Gas und Strom beschlossen. Aber was soll die Maßnahme bringen? Und was bemängeln die Kritiker?
Seit Montagabend haben sie Gewissheit: Haushalte, Gewerbetreibende und kleine Betriebe werden angesichts der extrem hohen Energiekosten in Tschechien entlastet. Sechs Kronen (24 Eurocent) soll die Kilowattstunde Strom maximal kosten, drei Kronen (12 Eurocent) das Gas, hat die Regierung beschlossen.
Auch öffentliche Einrichtungen wie etwa Schulen und Krankenhäuser sollen Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) zufolge Energie zu diesen Preisen beziehen können. Bei einer Pressekonferenz am Montagabend gab der Regierungschef zudem bekannt, ab wann die Bürger mit der Erleichterung rechnen dürfen:
„Bereits im Verlaufe des Novembers werden alle spüren, dass die Abschläge sinken. Auch für die Industrie arbeiten wir an einer Lösung. Diese werden wir am Mittwoch nach Verhandlungen mit den Unternehmerverbänden vorstellen. Dabei berücksichtigen wir auch die Maßnahmen der EU, die gerade parallel entstehen.“
Durch die Schritte des Kabinetts dürfte sich der Strompreis unter Berücksichtigung von Netzentgelten und weiteren Abgaben bei maximal sieben bis neun Kronen je Kilowattstunde bewegen. Ohne eine Deckelung würde der Preis im kommenden Jahr auf bis zwölf Kronen je Kilowattstunde steigen, befürchtet Innenminister Vít Rakušan (Stan). Und genau dazu wollte man es nicht kommen lassen…
„Dieser Preis würde für breite Schichten der Gesellschaft ein reales Risiko bedeuten zu verarmen. Wenn wir einen tschechischen Modellhaushalt heranziehen, in dem mit Strom auch geheizt wird, kann dieser im kommenden Jahr nun 111.000 Kronen sparen.“
111.000 Kronen, das sind umgerechnet rund 4500 Euro, die eine tschechische Familie einsparen könnte. Anders sieht dies in Haushalten aus, in denen der Strom nicht zum Erwärmen von Wasser und zum Heizen verwendet wird. Hier rechnet die Regierung damit, dass in diesem Jahr im Schnitt um die 13.600 Kronen (550 Euro) für Strom bezahlt werden. Ohne die Deckelung könnten die Kosten im kommenden Jahr auf fast das Dreifache ansteigen. Durch die Maßnahme des Kabinetts sei aber eine Rechnung von nur rund 18.000 Kronen (730 Euro) zu erwarten. In einem ähnlichen Verhältnis bewegen sich auch die Einsparungen beim Gas.
Im Staatshaushalt soll die Kostendeckelung mit bis zu 130 Milliarden Kronen (5,3 Milliarden Euro) zu Buche schlagen. Finanzminister Zbyněk Stanjura (Bürgerdemokraten) erklärte, woher diese Summe kommen soll…
„Das Geld stammt aus dreierlei Quellen: Zum einen ziehen wir dort, wo es möglich ist, die Einnahmen aus den staatlichen Unternehmen heran. Außerdem benutzen wir das Geld aus der ‚windfall tax‘, also der Zufallsgewinnsteuer. Zum dritten finanzieren wir die Unterstützung durch den Verkauf von Emissionszertifikaten.“
Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela (parteilos) betonte zudem, dass der bereits im Juli von der Regierung beschlossene Spartarif zur Unterstützung der Bürger zusätzlich greifen solle.
Doch es gibt Kritik – und die kommt natürlich vor allem von der Opposition. So sagte etwa der Vorsitzende der Rechtsaußenpartei SPD (Freiheit und direkte Demokratie), Tomio Okamura:
„Die Preisgrenze von sechs Kronen je Kilowattstunde für den Stromerzeuger ist eine extrem hohe Summe. Ein Großteil der Menschen wird das nicht bezahlen können. Aus Sicht meiner Partei liegt der höchste verträgliche Preis bei drei Kronen, inklusive Mehrwertsteuer.“
Und auch die andere Oppositionspartei im Parlament, die Ano, ist mit der Hilfe für die Bürger nicht zufrieden. Karel Havlíček ist ihr Vizevorsitzender:
„Vor zwei Jahren lag der Preis bei einer Krone und vor einem Jahr bei zwei Kronen. Wir müssen uns bewusst werden, dass der absolut größte Teil der Haushalte die Energie aber zu weitaus niedrigeren Tarifen kauft, da ihre Preise fixiert sind. Mit anderen Worten: Wer vor zwei Jahren Strom gekauft und einen Fixpreis vereinbart hat, zahlt nun das Sechsfache. Wer vor einem Jahr einen Vertrag unterschrieben hat, zahlt nun dreimal so viel.“
Von Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka hieß es derweil, man habe auch Rücksicht auf den Staatshaushalt nehmen wollen. Zudem wolle man die Bürger zwar unterstützen, der Preis solle aber dennoch eine gewisse Höhe haben, sodass die Menschen weiterhin zum Energiesparen motiviert würden.
Über die Hilfe für die Bürger soll am Freitag bei einer Sondersitzung im Abgeordnetenhaus abgestimmt werden. Aufgrund der Mehrheit der Regierungskoalition sind dabei keine Überraschungen zu erwarten. Premier Fiala ließ zudem verlauten, er rechne eigentlich damit, dass auch die Opposition den Vorschlag unterstützen werde.