Energiemarkt: Brüssel will mehr Netze – Topolánek für Leitung Nabucco

Premier Mirek Topolánek mit seinem ungarischen Amtskollegen Ferenc Gyurcsany (Foto: ČTK)

Seit dem russisch-ukrainischen Gasstreit drängt die tschechische EU-Ratspräsidentschaft darauf, Alternativen in der Energieversorgung zu finden. Am Mittwoch hat die Europäische Kommission dazu erste Gelder locker gemacht, ihre Bereitstellung müssen die EU-Mitgliedsstaaten noch genehmigen.

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Insgesamt fünf Milliarden Euro sind es, die Brüssel bereitstellen will. Es ist ungenutztes Geld aus dem EU-Haushalt und soll offiziell zur Bekämpfung der schweren Wirtschaftskrise in Europa dienen. 3,5 Milliarden davon sind für neue Strom- und Gasleitungen sowie weitere Energievorhaben eingeplant. Tschechien selbst soll 25 Millionen Euro erhalten, damit die Firma RWE Transgas die Speicherkapazitäten für Gas in Mähren ausbauen kann. Im Industrie- und Handelsministerium wurde die finanzielle Unterstützung begrüßt; der Ausbau der Speicherkapazitäten bringe den tschechischen Bürgern unmittelbaren Nutzen, hieß es.

Eines der größten Einzelvorhaben, die Brüssel unterstützen will, ist der Bau der Erdgas-Pipeline Nabucco vom Kaspischen Meer nach Mitteleuropa. Am Mittwoch warb der tschechische Premier Mirek Topolánek bei einem Treffen mit den Vertretern Polens und der Ukraine erneut für das Projekt. Nabucco sei nicht gegen Russland und die Ukraine gerichtet, versicherte Topolánek:

„Falls Nabucco so verwirklicht wird, wie wir uns das wünschen und auch ein großer Teil Europas, dann trägt das sowohl zu einer Diversifizierung der Transportwege als auch der Energiequellen bei. Das russische Gas würde weiter über die Ukraine fließen, Nabucco und die ukrainische Pipeline sind nicht gegeneinander gerichtet.“

Premier Mirek Topolánek  (links) mit seinem ungarischen Amtskollegen Ferenc Gyurcsany  (Foto: ČTK)
Am Dienstag hatte Topolánek bereits bei einer internationalen Tagung zu Nabucco in Budapest die Werbetrommel gerührt. Europas Energiesicherheit hänge von diesem Projekt ab, so Topolánek. Man solle nicht mehr nur reden, sondern zur Tat schreiten.

Allerdings stehen hinter Nabucco weiterhin viele Fragezeichen. Ab 2013 soll das erste Gas durch die 3300 Kilometer lange Leitung vom Kaspischen Meer über die Türkei nach Österreich gepumpt werden. Doch wer sind die Lieferanten des Gases? Bisher hat nur Aserbaidschan zugesagt. Genauso unsicher ist die Finanzierung. Die am Mittwoch vorgeschlagenen Gelder aus Brüssel stellen gerade einmal drei Prozent der Gesamtkosten von acht Milliarden Euro dar. Gedacht sind sie daher auch nur als Garantie, um für den Bau der Pipeline einen Kredit bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zu beantragen. Topolánek glaubt aber, dass sich der Bau der Pipeline trotzdem rechnet, wie er auf dem Podium in Budapest sagte:

„Wenn wir die Verluste der europäischen Staaten während des dreiwöchigen Gasstreits auf zehn Jahre hochrechnen, dann werden uns die Kosten bereits viel geringer vorkommen.“

Laut Agenturmeldungen sind einige EU-Mitglieder jedoch weiterhin wenig begeistert von dem Nabucco-Projekt. Italien beispielsweise plant mit Russland eine „South Stream“ genannte südliche Pipeline, und durch die Ostsee ist mit der „Nord Stream Pipeline“ ein weiterer Lieferweg für russisches Gas geplant.