Entschädigung für DDR-Flüchtlinge von Tschechien
Aufruf der Platform of European Memory and Conscience – geschäftsführende Direktorin, Neela Winkelmann, im Gespräch.
„Das sind ehemalige Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, die versucht haben, aus der Tschechoslowakei über den Eisernen Vorhang in den Westen zu gelangen. Wir wissen, dass es sich um tausende Personen handelt, die diesen Versuch unternommen haben. Genauere Zahlen kann ich ihnen nicht sagen, das bedarf weitere Recherchen. Natürlich waren von diesen vielen Menschen nur wenige erfolgreich. Viele wurden verhaftet und dann in die DDR, an die Stasi ausgeliefert.“
Wozu konkret ruft die Plattform diese Menschen nun auf?„Wir wollen versuchen, in der Tschechischen und in der Slowakischen Republik auf dem rechtlichen Wege eine Rehabilitierung der Betroffenen zu erwirken. Aber auch eine Entschädigung für die eventuell erlittene Haft in der Tschechoslowakei. Wir haben nämlich im März einen rechtlichen Durchbruch geschafft: Das Bezirksgericht in Bratislava 1 hat Hartmut Tautz vollständig rehabilitiert und seiner Familie eine Entschädigung gezahlt. Es handelt sich um den Fall eines 18-jährigen DDR-Flüchtlings, der 1968 an der Grenze zwischen der Slowakei und Österreich von Wachhunden des Grenzschutzes schwer verletzt wurde und dann an den Folgen starb. Das ist für uns ein Präzedenzfall. Wir möchten gerne auf demselben Rechtsweg weiteren Menschen zur Rehabilitierung und Entschädigung verhelfen. Denn die Menschen, die bei dem Versuch die Grenze zu überqueren festgenommen oder getötet wurden, sind in der Tschechoslowakei als Verbrecher strafrechtlich verfolgt worden. Und sofern sie keinen Antrag gestellt haben, wurden sie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nicht automatisch rehabilitiert. Wir möchten also diese Unrechtstaten des alten Regimes von den gegenwärtigen tschechischen und slowakischen Gerichten offiziell als Unrecht erklären lassen.“
Welche Form der Entschädigung stellen Sie sich für diese Betroffenen vor?„Man muss sich nicht viel vorstellen, alles ist gesetzlich geregelt. Es gibt im Falle einer Rehabilitierung ein Anspruch auf Entschädigung für die erlittene Haft. Es ist eine eher symbolische Summe, aber immerhin durch jeden einzelnen dieser Rechtsakte erkennt der heutige demokratische Staat an, dass Unrecht getan wurde.“
Wie konkret sollen die ehemaligen DDR-Bürger vorgehen, die sich entscheiden, vor Gericht zu gehen? Die Plattform appelliert nicht nur an sie, sondern sie bietet auch eine juristische Unterstützung…
„Die Leute sollen sich einfach an uns wenden, wir sind imstande, ihnen eine Rechtsberatung zu vermitteln. Wir haben Rechtsberater, welche für uns diesen Durchbruch erreicht haben, und wir möchten gerne weiteren Menschen zu dieser Rehabilitierung verhelfen."