„Er fehlt uns“: Prag feiert 80. Geburtstag von Václav Havel

Foto: Martina Schneibergová

Am Mittwoch wurde an vielen Orten Tschechiens an Václav Havel erinnert: bei Happenings, in Theatern und bei Konzerten. Der Ex-Präsident und Dramatiker hätte am 5. Oktober seinen 80. Geburtstag gefeiert. Auch auf dem Prager Wenzelsplatz versammelten sich am Abend mehrere hundert von Menschen, denen Havels Persönlichkeit viel bedeutet.

Foto: Martina Schneibergová
Es herrschte fast Winterwetter. Trotzdem hielten es viele der Menschen bei Regen und Kälte aus, drei Stunden lang vor dem Podium am unteren Ende des Wenzelsplatzes zu stehen. Einige Bands aus Tschechien und der Slowakei lösten sich auf der Bühne ab. An Václav Havel erinnerte sich als erster der Prager Bischof Václav Malý. Der Unterzeichner der Charta 77 kannte Havel gut, und das schon aus Dissidentenkreisen. Malý machte darauf aufmerksam, wie wichtig für Havel die Unterstützung für diejenigen war, die nicht in Freiheit leben können.

„Eine Solidarität, die keine Grenzen kennt, eine Solidarität, ohne Rücksicht auf Unterschiede in Kultur und der Sprache, kann auch für uns eine Herausforderung sein. Im Geiste von Václav Havel können wir versuchen, eine derartige Solidarität zu leben und weiter zu entwickeln.“

Václav Malý  (Foto: Martina Schneibergová)
Malý zufolge wissen die Tschechen nicht immer die Tatsache genug zu schätzen, dass sie zum demokratischen Europa gehören. Die Gesellschaft tendiere oft dazu, eher mit einer ausgestreckten Hand zu warten, als sich an der Gestaltung Europas zu beteiligen, sagte Václav Malý und erinnerte sich nochmals an den Ex-Präsidenten:

„Václav Havel hat Mal einen für mich sehr inspirierenden Gedanken zum Ausdruck gebracht: ‚Die Hoffnung besteht nicht darin, dass alles gut endet. Die Hoffnung besteht darin, dass unser Handeln und unsere Tätigkeit einen Sinn haben‘. Auch uns, die wir hier versammelt sind, bietet sich die Möglichkeit, Menschen der Hoffnung im Sinne Havels zu werden. Das heißt tolerante Menschen, die verantwortungsbewusst in Freiheit leben. Das bedeutet, dass wir Menschen werden, die den Mut haben, der Demagogie sowie dem Nationalismus und Isolationismus entgegenzuwirken. Gerade diese vergiften in letzter Zeit unsere Gesellschaft. Dies ist eine große Chance für jeden von uns. Es wäre schade, sie zu verpassen.“

Foto: Martina Schneibergová
Den lange anhaltenden Beifall, mit dem Václav Malý belohnt wurde, unterbrach erst die Moderatorin aus zeitlichen Gründen. Während der multimedialen Veranstaltung hörten die Teilnehmer danach einige auch humorvolle Ausschnitte aus Havels Reden, die nichts an ihrer Aktualität verloren haben. Gezeigt wurden zudem Videoaufnahmen, in denen mehrere Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Politik begründeten, warum sie Havel vermissen. Die Soziologin Jiřina Šiklová kannte Havel noch vor der Wende.

„Er fehlt mir aus dem Grund, weil wir hier keinen Staatsmann haben, den die Menschen bewundern könnten. Was seinen Charakter betrifft sowie die Möglichkeiten, was er alles bewirken könnte. Leider haben wir niemanden.“

Der renommierte tschechische Filmregisseur Jiří Menzel ist Havels Altersgenosse:

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„Es gibt nur wenige Leute wie es Václav war, die ihre schöpferische Ehrlichkeit mit der Ehrlichkeit eines Bürgers verknüpften. Es tut mir Leid, dass seine beiden Nachfolger im Präsidentenamt mit ihm nicht zu vergleichen sind. Es ist eine Schande.“

An Václav Havel erinnerten sich auch Vertreter der etwas jüngeren Generation. Der Diplomat und Leiter des Tschechischen Zentrums in Moskau, Marek A. Havlíček. Er war in der fünften Klasse, als die Samtene Revolution begann:

„Václav Havel ist für mich zum Symbol dessen geworden, wie sich für mich alles geändert hat: vom Sozialismus zur Welt der offenen Grenzen. Er ermöglichte mir, in einer freien Gesellschaft aufzuwachsen.“