Erfüllung der neuen Nato-Strategie: Tschechien plant personelle Aufstockung der Armee
Russland stellt aktuell die größte direkte Bedrohung für die westliche Welt dar. So lautet die übereinstimmende Einschätzung der Staats- und Regierungschefs aller Nato-Mitgliedsländer, die am Mittwoch und Donnerstag im spanischen Madrid tagen. Zu ihnen gehört auch der tschechische Premier Petr Fiala.
Als Reaktion auf die Aggression Russlands gegenüber der Ukraine hat die Nato auf ihrem Gipfel in Madrid am Mittwoch eine neue Strategie verabschiedet. Diese sehe eine Truppenaufstockung in den östlichen Mitgliedsländern vor, so der tschechische Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) bei der Pressekonferenz:
„Wir haben uns unter anderem auf die Verstärkung der Nato-Ostflanke verständigt. Dadurch wollen wir in der Lage sein, jeden Zentimeter des Gebietes der Mitgliedsländer zu schützen.“
Die Nordatlantische Allianz habe schnell und einheitlich auf Russlands Krieg reagiert, fügte Fiala noch an. Konkrete Zahlen, wie viele weitere Soldaten etwa nach Estland, Ungarn oder in die Slowakei verlegt werden, sind in dem Nato-Beschluss allerdings nicht zu finden.
Auch die USA haben eine Aufstockung ihrer Truppen in Europa angekündigt. Laut Präsident Joe Biden entsteht in Polen ein Dauerstützpunkt. Zudem sollen Torpedoboote nach Spanien und zwei Flugstaffeln nach Großbritannien verlegt werden. Tschechien plane hingegen keine bilateralen Absprachen mit der USA in dieser Richtung, räumt Tomáš Pojar (Bürgerdemokraten) ein. Er berät Premier Fiala in Sicherheitsfragen und meldete sich am Donnerstagmorgen in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks telefonisch aus Madrid:
„Tschechien leistet seinen Beitrag in der Nato bezüglich der Verstärkung der Ostflanke. Unsere Soldaten sind in den baltischen Ländern stationiert, konkret in Litauen und Lettland. Zudem kommandieren wir seit kurzem eine Einheit in der Slowakei.“
Eine genaue Zahl ließ Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch jedoch verlauten: Die schnellen Eingreiftruppen der Allianz sollen von derzeit 40.000 auf 300.000 Soldaten aufgestockt werden. Damit Tschechien seine sich daraus ergebenden Pflichten erfüllen kann, müsse hierzulande deutlich in die Armee investiert werden, mahnt Tomáš Pojar:
„Dafür müssen wir die Vorgabe erfüllen, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung einzusetzen. Die Investition in die Armee muss langfristig angelegt werden. Wir brauchen mehr Soldaten, und diese müssen eine moderne Ausrüstung erhalten, damit sie sich im Ernstfall verteidigen können.“
Für die künftige Truppenstärke habe das tschechische Verteidigungsministerium ein klares Ziel, fährt der Experte fort:
„Allgemein soll der Bestand auf insgesamt 35.000 Soldaten erhöht werden. Die Aufnahme läuft, wird aber womöglich durch demografische Faktoren begrenzt. Im Lichte des Überfalls auf die Ukraine vom 24. Februar muss auch die tschechische Armee über ihre Zukunft nachdenken. Dazu müssen die Rüstungs- und auch die Rekrutierungspläne umgeschrieben werden.“
Nato-Generalsekretär Stoltenberg betonte am Mittwoch außerdem, dass die Allianz die Ukraine weiter mit Waffen versorgen wird, und dies so lange wie nötig. Die Chefs der Mitgliedsstaaten und auch Gipfelgast Ursula von der Leyen, die Vorsitzende der Europäischen Kommission, begrüßten zudem, dass Schweden und Finnland nun der Nato beitreten. Ein entsprechendes Memorandum konnte am Vorabend des Gipfels unterzeichnet werden, nachdem der türkische Präsident Recep Erdoğan überraschend seinen Widerstand dagegen aufgegeben hatte.
„Dies ist eine wichtige und wirklich historische Nachricht“,
verkündete dazu auch der tschechische Premier Fiala. Die Nato-Erweiterung muss nun von den Parlamenten der einzelnen Mitgliedstaaten ratifiziert werden.