Erinnerung kann nicht erstickt werden – Gedenkkampagne an Opfer des Kommunismus
An diejenigen zu erinnern, die während des kommunistischen Regimes hingerichtet wurden. Dies ist das Ziel einer Kampagne, die am Montag in Prag eröffnet wurde.
„Wir haben überlegt, wie wir an den bevorstehenden Todestag von Milada Horáková sowie an alle weiteren Opfer des kommunistischen Regimes erinnern könnten. Da kam uns die Idee, die tschechische Trikolore mit einem kleinen Stück Strick zusammenzubinden. Für uns ist es ein Symbol für den grausamen Tod der politischen Gefangenen, die von den Kommunisten hingerichtet wurden. Denn sie wurden erhängt und erstickten langsam. Die Reaktionen der Menschen auf die Trikolore sind meistens positiv, viele Passanten holen sie bei uns ab. Wir schaffen es momentan kaum, schnell neue zu basteln.“ Bis zum Samstag will die Initiative das Erinnerungsstück im Stadtzentrum verteilen. Am 27. Juni sind es genau 65 Jahre seit dem Justizmord an der tschechoslowakischen Politikerin Milada Horáková. Sie wurde nach einem Schauprozess zum Tod verurteilt und am 27. Juni 1950 hingerichtet. Die Kampagne habe auch außerhalb von Prag Interesse geweckt, sagt Petr Marek:
„Es kam beispielsweise ein Kreisratsmitglied aus Mährisch-Schlesien vorbei. Er sagte, er werde die Trikolore mit zur Tagung des Kreisrats nehmen. Einige Menschen aus Liberec und anderen Städten haben unseren Stand besucht. Eine derartige Kampagne mit der Verteilung von Trikoloren führen wir zum ersten Mal durch. Wenn sie Erfolg hat, werden wir sie vielleicht in den nächsten Jahren wiederholen.“
Petr Marek und seine Kollegen erlebten aber auch wütende Passanten, von denen sie beschimpft wurden.„Ein Teil der Bevölkerung ist mit seinen Gedanken immer noch tief im Kommunismus verankert. Aus dem Grund sind wir hier, dagegen kämpfen wir. Es handelt sich um eine Art Aufklärungstätigkeit. Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus wird viel über gesellschaftliche Werte diskutiert. Das Problem der tschechischen Gesellschaft sehe ich darin, dass sie sich nicht vollständig vom Kommunismus verabschiedet und von der Vergangenheit nicht klar distanziert hat.“
Im Rahmen der Kampagne wird am Donnerstagabend in der Václav-Havel-Bibliothek eine Diskussion über die Opfer des kommunistischen Regimes, vor allem die Kinderopfer veranstaltet. Wenig bearbeitet ist laut Marek das Schicksal von Kindern, deren Mütter aus politischen Gründen verurteilt und ins Gefängnis geschickt wurden. Petr Marek.
„Es gab Fälle, wo ein wenige Tage alter Säugling, der im Gefängnis zur Welt kam, nur deshalb starb, weil er nicht ärztlich versorgt wurde. Es gab aber auch Fälle von Kindern von politischen Gefangenen, die nach einigen Monaten oder sogar Jahren starben. Die Todesursachen wurden nie geklärt.“Die Bürgerinitiative hat sich deshalb vor kurzem an die tschechische Justiz gewandt. Sie forderte die Oberste Staatsanwaltschaft auf, die ungeklärten Verbrechen an den Kindern neu aufzurollen.
Die Kampagne „Die Erinnerung kann nicht erstickt werden“ läuft bis zum Samstag, den 27. Juni. Der Tag gilt in Tschechien als Gedenktag für Opfer des kommunistischen Regimes. Über den Justizmord an Milada Horáková soll in Tschechien auch ein neuer Film entstehen. Wie am Mittwoch bekannt wurde, wird die deutsche Schauspielerin Hanna Schygulla eine Rolle darin übernehmen.