Erzgebirge: Fachleute sprechen von neuem Waldsterben

Auf der tschechischen wie auf der deutschen Seite der Grenze sind die Bilder bekannt: Baumleichen, die wie überdimensionale Fischgerippe in den Himmel ragen. So sah es in großen Teilen des Erzgebirges in den 70ern und 80ern noch aus. Seitdem ist das Bild durch die Wiederaufforstung deutlich verbessert worden. Aber Umweltschützer und Forstleute sprechen von einem neuen Waldsterben im tschechischen Teil des Mittelgebirges.

Foto: Zdeňka Kuchyňová
Betroffen sind die Bäume, die ab den 70er Jahren als Ersatz für die abgestorbenen Fichten gepflanzt wurden. Es sind vor allem die Stech-Fichten, die im Tschechischen "Silberfichten" heißen. Manche Fachleute sagen, da dürfe man sich nicht wundern. Die aus den amerikanischen Rocky Mountains stammenden Stech-Fichten gehörten nicht ins Erzgebirge, man hätte andere Arten pflanzen sollen.

"Es war kein Fehler, zu seiner Zeit waren sie eine wirkliche Alternative, die ihre Funktion auch erfüllt hat", entgegnet aber zum Beispiel Ales Kilb vom staatlichen Forstbetrieb Lesy CZ in Litvinov / Oberleutensdorf.

In den 70er Jahren war die Situation auf der tschechischen Seite des Erzgebirges alarmierend. Vor allem wegen der Schwefeldioxid-Emissionen aus den Braunkohlekraftwerken in Nordböhmen starben 40.000 Hektar Wald ab. Wieder aufgeforstet wurde mit widerstandsfähigen Bäumen. Insgesamt 50 Millionen Stechfichten und eine noch größere Zahl Birken setzten die Forstleute in den folgenden Jahren im Erzgebirge. Bereits Ende der 90er machten Forstleute darauf aufmerksam, dass die Birken zu vertrocknen und zu verkümmern beginnen wie 30 Jahre zuvor der ursprüngliche Baumbestand des Erzgebirges. Nun geht es auch den Stechfichten an die Rinde. Unter normalen Bedingungen würden sie bis zu 100 Jahre alt werden, doch in den Kammlagen des Erzgebirges erreichen sie nur 30 bis 50 Jahre. Wie Studien zeigen, betrifft das jetzige Baumsterben dort nun erneut große Flächen. Landwirtschaftsminister Petr Gandalovic warnt deswegen:

"Uns könnte dieselbe Katastrophe wie in den 70er Jahren drohen. Wir werden aber alles dafür tun, dass wir ausreichend finanzielle Mittel haben, um das Erzgebirge zu retten."

Benötigt würden 200 bis 300 Millionen Kronen im Jahr. Damit könnten jährlich mindestens 1000 Hektar Wald erneuert werden. Aus dem Staatssäckel stehen bisher aber nur 100 Millionen Kronen (3,6 Millionen Euro) zur Verfügung. Das restliche benötigte Geld kann die Waldwirtschaft, die zum Teil auch in privater Hand liegt, nicht selbst aufbringen. Und selbst wenn es Landwirtschaftsminister Gandalovic gelingen sollte, die benötigte Summe aufzutreiben, wäre das Tempo der Wiederaufforstung bestenfalls gemächlich. Bei 40.000 Hektar Wald bräuchte man 40 Jahre.

Allzu große Illusionen machen sollte man sich aber dennoch nicht. Denn die Luftbelastung durch Schadstoffe ist im Erzgebirge immer noch erschreckend hoch. Zwar gingen die Schwefeldioxid-Emissionen im Laufe der 90er Jahre um 80 Prozent zurück. Doch auch danach wurde auf dem Staatsgebiet der Tschechischen Republik soviel Schwefeldioxid ausgestoßen wie in den skandinavischen Ländern Norwegen, Finnland und Schweden zusammen. Zudem ist der Boden im Erzgebirge durch den Sauren Regen bis heute belastet.

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Autor: Till Janzer
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