Essaywettbewerb: Wie gut kennen sich die Nachbarländer in Mitteleuropa?

Historiker, Politiker, Unternehmer – sie alle äußern sich immer wieder über die deutsch-tschechischen Beziehungen. Und sie alle haben ihre eigenen Vorstellungen, wie sich die Beziehungen gestalten sollen. Was jedoch diejenigen denken, die es tatsächlich in der Hand haben, das Nachbarschaftsverhältnis in Zukunft zu gestalten, erfährt man seltener. Zwei Europaabgeordnete aus Deutschland und Tschechien wollen das jetzt genauer wissen und haben deswegen einen Essay-Wettbewerb für Schüler und Studenten ausgeschrieben.

„Wir hoffen, dass wir ein paar Einblicke in die Gefühlswelt der jungen Leute gewinnen, und dass sie uns Impulse für die Zukunft geben“, so der bayerische Europaabgeordnete Martin Kastler (CSU). Gemeinsam mit seinem tschechischen Parlamentskollegen Jan Březina von den Christdemokraten hat er einen Essaywettbewerb ausgeschrieben. Das Thema lautet: „Mitteleuropäische Nachbarschaften – Kennen wir uns wirklich?“ Jan Březina erklärt, warum:

„Gewöhnlich redet man, wenn man über die deutsch-tschechischen Beziehungen spricht, oft über die historischen Zusammenhänge. Aber wir denken, die jungen Menschen von heute sollten nicht an den Vorurteilen und den Mythen übereinander festhalten. Und wir wollten herausfinden, was die jungen Menschen aus Tschechien und Deutschland voneinander wissen. Deshalb haben wir diesen Wettbewerb ausgeschrieben.“

Martin Kastler  (Foto: Archiv von Martin Kastler)
Die Essays müssen bis zum 4. April eingesandt werden. Die Sieger des Wettbewerbs werden anschließend von einer deutsch-tschechischen Jury ermittelt, deren Vorsitz Martin Kastler und Jan Březina übernehmen. Nach welchen Kriterien dabei entschieden wird, verrät Kastler:

„Wir werden darauf schauen, dass die Sprache passt, dass es einen roten Faden gibt, aber dass die Arbeiten vor allem auch einen Impuls enthalten, wie sich die Schreiber diese Nachbarschaft in Zukunft vorstellen.“

Sein tschechischer Kollege fügt hinzu:

„Es kommt auf die Kreativität und auf das Wissen der Teilnehmer an, und darauf, dass sie auch neue Ansichten aufzeigen. Ich bin schon über 50 Jahre alt, da interessiert es mich, wie sich die Jüngeren gegenseitig sehen.“

Jan Březina
Die Idee zu einem Essaywettbewerb ist aus einem anderen deutsch-tschechischen Projekt der Europaparlamentarier Kastler und Březina in Brüssel entstanden. Angesprochen sind vor allem junge Menschen aus Deutschland, Tschechien und der Slowakei. Der Wettbewerb sei aber auch offen für Teilnehmer aus anderen Mitteleuropäischen Ländern, versichert Kastler. Die Gewinner werden ins Europäische Parlament nach Brüssel oder Straßburg eingeladen. Außerdem können sie ihre Ideen beim Symposium „Dialog in der Mitte Europas“ in Brno / Brünn präsentieren.

„Gerade dieses Symposium, das in Brünn stattfindet, war in den Anfangsjahren, als es noch Iglauer Symposium hieß, eher eine Veranstaltung, bei der man sich um die geschichtliche Aufarbeitung der Vergangenheit gekümmert hat. Wir wollen uns aber auch für jüngere Leute öffnen und wissen: Interessiert es sie, dass man weiter diskutiert – als Deutsche, Österreicher, Tschechen und Slowaken – darüber, wie es vielleicht in der Vergangenheit zwischen unseren Ländern und zwischen den Menschen war, oder interessiert sie, wie man heute dasteht?“

Foto: Europäische Kommission
Die Antwort auf die Frage, wie gut sich die Nachbarn kennen, soll zwar der Wettbewerb bringen, dennoch hat der tschechische Europaparlamentarier Březina schon eine Ahnung:

„Die jungen Menschen können reisen, sich besuchen, sich kennen lernen. Sie kennen sich viel besser, sie haben viel bessere Möglichkeiten als wir vor X Jahren, ihre Altersgenossen kennen zu lernen.“