EU-Bericht: Tschechien ist Schlusslicht beim Abschöpfen der EU-Fonds
Die Tschechische Republik ist europäisches Schlusslicht, und zwar beim Ausschöpfen der europäischen Strukturfonds. Nach Einschätzung der EU-Kommission hat im vergangenen Jahr in Tschechien das entsprechende Kontrollsystem versagt – als einzigem Land in der EU! Ein halbes Jahr vor Ablauf der aktuellen Finanzierungsperiode hat Prag daher nur 35 Prozent der Gelder abgeschöpft, die in den EU-Fonds für Tschechien bereitstehen. Nach Meinung einiger Wirtschaftsexperten lässt sich aber noch einiges retten.
Bei einem Kontrollorgan habe man festgestellt, dass es im Grunde genommen gar nicht funktioniere, sagte EU-Sprecherin Shirin Wheeler zu einem Punkt, der im Jahresbericht der Kommission auf Seite 38 ausgeführt wird. Gemeint ist das Finanzministerium in der Tschechischen Republik, das seine Kontrollfunktion nur ungenügend wahrnehme, hieß es. Das galt für das Jahr 2012, inzwischen aber habe man längst auf diesen Vorwurf reagiert, versichert Finanzminister Miroslav Kalousek:
„Seit dem 1. Januar 2013 führt das Ministerium nicht nur methodische Kontrollen durch, sondern es ist auch direkt verantwortlich für die eingehende Überprüfung aller operativen Programme, die aus EU-Fonds gespeist werden. Das war eine Bedingung der Europäischen Kommission, nachdem zwischenzeitlich die EU-Mittel gesperrt worden waren. Und deshalb sind die Mittel aus den europäischen Fonds auch unverzüglich wieder freigegeben worden.“Für den sozialdemokratischen Europaparlamentarier Libor Rouček war die Reaktion der EU-Kommission keine Überraschung. Schon vor mehr als zwei Monaten hatte er gegenüber Radio Prag gewarnt:
„Man kann schon jetzt sagen, dass Tschechien mehrere Hundert Millionen Euro verlieren wird – wegen Korruption und schlechtem Management. Anstatt sich aber mit diesen Angelegenheiten zu befassen, äußern sich die Regierung in Prag und der ehemalige Präsident skeptisch über Europa. Dabei liegt das Problem nicht in Brüssel oder Berlin, sondern in Prag.“
Auch der Vizechef der kommunistischen Partei (KSČM), Jiří Dolejš, ist der Meinung, dass die politische Situation im Land nicht dabei helfe, endlich konzeptionelle Lösungen zu finden. Die gegenwärtige politische Instabilität sollte jedoch keinen Einfluss darauf haben, ob auf den jeweiligen Ämtern professionell gearbeitet werde, so Dolejš.Der gleichen Meinung ist auch der der Chefökonom der Firma Conseq und Mitglied des Beraterstabs für Wirtschaft (Nerv) der tschechischen Regierung, Petr Zahradník. Gegenüber den Inlandsendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er zudem, ihm lege eine andere Statistik vor, der nach Tschechien bei der Ausschöpfung der EU-Fonds nicht am schlechtesten dastehe:
„Diese Statistik ist zwar für Tschechien auch nicht sehr schmeichelhaft, doch noch schlechter kommen bei ihr Rumänien und Bulgarien weg. In etwa auf dem gleichen Niveau wie Tschechien liegen Malta, Ungarn oder Italien. Tschechien liegt gewiss am Ende des Pelotons, doch nach meinen Informationen nicht an letzter Stelle.“Zudem sei noch nicht alles verloren, wenn die neue Regierung sofort handle, betont Zahradník:
„Als erstes sollte sie im auslaufenden Finanzierungszeitraum noch retten, was zu retten ist. Dafür gibt es das Programm n+2, mit diesem lässt sich ein Finanzierungsdefizit noch zwei weitere Jahre, also bis zum Jahr 2015 abbauen. Ich mache mir keine Illusion darüber, dass man noch alles aufholen könnte, aber es bestehen bestimmte Chancen.“
Noch wichtiger sei, dass Tschechien für die nächste Finanzierungsperiode (2014 – 2020) weitaus besser vorbereitet ist. In dieser Hinsicht aber passiere schon einiges, versichert Zahradník.