EU-Gipfel: Tschechien akzeptiert Fortsetzung der Sanktionen gegen Russland

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Die Beziehungen zu Russland, die Flüchtlingspolitik, das Handelsabkommen Ceta und der Brexit – Die Agenda des aktuellen EU-Gipfels, der am Donnerstag und Freitag in Brüssel stattfindet, ist voll. Deshalb herrscht in der EU-Zentrale wieder einmal hektische Krisendiplomatie. Tschechien will vor allem in der Russland-Frage Klarheit.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Unmittelbar vor dem Beginn des Gipfels machte Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) deutlich, wie Tschechien zu den russischen Aktivitäten in der Ostukraine und in Syrien stehe. Man wolle, dass die europäischen Sanktionen gegenüber Putins Land solange aufrechterhalten werden, bis man echte Fortschritte bei der Lösung des Konflikts in der Ostukraine erzielt habe. Einer Verschärfung der Sanktionen aber würde Tschechien nicht zustimmen. Weil man nicht abschätzen könne, welche möglichen Folgen dies für die eigene Wirtschaft hätte, sagte Sobotka.

Nach den Gesprächen wurde verkündet: Die EU erwarte von Moskau und Damaskus endlich einen dauerhaften Waffenstillstand in Syrien, und von Russland mehr Einflussnahme zur Befriedung der Lage in der Ostukraine. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Putin vor, keine Partnerschaft zu wollen, sondern Machtpolitik zu betreiben. Aber die Abschlusserklärung wird gegenüber dem Entwurf in diesem Punkt entschärft: konkrete Sanktionsdrohungen sind nicht enthalten.

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Premier Sobotka zeigte sich zufrieden über dieses Ergebnis. Auf der anderen Seite beschwor er, dass man in dieser Sache keineswegs nachlassen dürfe:

„Es gibt Themen, bei denen wir die Möglichkeit haben, den Dialog mit Russland fortzusetzen. Doch dann gibt es Bereiche, bei denen wir auf der Einhaltung des internationalen Rechts bestehen müssen. Und was in der Debatte zu Russland deutlich hervorgehoben wurde, ist der Zusammenhalt. Die Europäische Union muss geschlossen auftreten, damit uns Russland nicht zerpflückt, ein Land nach dem anderen.“

Donald Tusk  (Foto: ČTK)
In der Flüchtlingspolitik ist es zu einem gewissen Kurswechsel gekommen. Laut EU-Ratspräsident Donald Tusk habe sich in dieser Frage das Blatt ein wenig gewendet, denn man wolle sich nun verstärkt auf eine Zusammenarbeit mit den afrikanischen Staaten konzentrieren. Zu dieser neuen Ausrichtung sagte Martin Hrabálek von der Mendel-Universität in Brno / Brünn:

„Die EU nutzt die Verschnaufpause, die ihr durch das Abkommen mit der Türkei ermöglicht wurde. Gegenwärtig ist die Union darum bemüht, das Problem Afrika zu lösen. Denn dieser Kontinent ist mittlerweile jene Region, aus der die überwiegende Mehrheit der Migranten kommt.“

Martin Hrabálek  (Foto: ČT24)
Durch die Schließung der Balkan-Route sowie die Unterstützung der Türkei ist der Strom der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten erst einmal abgeebbt. In Afrika hingegen sind Zigtausende Menschen in Bewegung, um ihrem Elend zu entfliehen. Europa will daher größere Anstrengungen unternehmen, um diese Not zu lindern. Martin Hrabálek:

„Die Vereinbarungen, wie sie jetzt offenkundig wurden, enthalten in erster Linie eine Erhöhung der finanziellen Zuwendungen für die Länder Afrikas. Sie haben zum Ziel, dass sich die Lebensbedingungen in diesen Ländern verbessern. Doch es notwendig zu sagen: Das ist eine langfristige Aufgabe.“

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta) wurde indes zum Gipfel-Krimi. Weil die belgische Region Wallonie Nachbesserungen will, läuft nebenbei eine hektische Pendeldiplomatie. Am Donnerstagabend lehnte die Wallonie auch einen Kompromissvorschlag ab. Das Ende bleibt offen. Klappt die Unterzeichnung am Donnerstag in einer Woche nicht, steht die ganze EU blamiert da.