In EUropa neu geboren

"Dann geht ihr also nach Deutschland zurück" - es war eher eine Feststellung als eine Frage, mit der viele Bekannte, insbesondere die tschechischen, auf die Nachricht reagierten, dass wir ein Baby bekommen. WIR als Ausländer, als Deutsche in Tschechien, haben uns aus vielerlei Gründen und bewusst für das Projekt "Entbindung in Prag" entschieden. Und es war eine richtige Entscheidung, jedenfalls vom persönlichen und sozialen Standpunkt aus betrachtet.

"Dann geht ihr also nach Deutschland zurück" - es war eher eine Feststellung als eine Frage, mit der viele Bekannte, insbesondere die tschechischen, auf die Nachricht reagierten, dass wir ein Baby bekommen. WIR als Ausländer, als Deutsche in Tschechien, haben uns aus vielerlei Gründen und bewusst für das Projekt "Entbindung in Prag" entschieden. Und es war eine richtige Entscheidung, jedenfalls vom persönlichen und sozialen Standpunkt aus betrachtet. Es gibt allerdings eine weitere Perspektive, und die stellt sich weniger erfreulich dar. Denn wäre es nach dem Gesetzgeber gegangen, dann hätte die Geburt unserer Tochter in Prag zwangsläufig eine sehr schwere Geburt werden müssen. Als Deutsche im tschechischen öffentlichen Dienst war es mir nämlich schlicht unmöglich, mein Kind vom Moment der Geburt an zu versichern. Das gesetzliche Argument hierfür heißt: Ausländerin ohne dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung, also Ausländerin mit weniger als acht Jahren Arbeit in Tschechien. Auf dieser Grundlage komplette Versicherungsleistungen zu beanspruchen - da müsse schon wenigstens ein tschechischer Ehepartner her, so die Erklärung. Bis zum heutigen Tag konnte mir kein Ministerium, keine öffentliche Stelle plausibel machen, warum ein Kind nicht von Geburt an über die tschechische Pflichtversicherung seiner deutschen Mutter mitversichert ist. Bis das Kind einige Wochen nach der Geburt selbst angemeldet werden könne, müsse eben privat gezahlt werden. Und aus Deutschland war auch keine Hilfe zu erwarten: Für deutsche Behörden - so erklärte man mir auf der deutschen Botschaft unzweideutig - sei ich ja schließlich eine Tschechin, versicherungstechnisch gesehen. Dass gerade in Deutschland allerorten über niedrige Geburtenraten geklagt wird, steht da offenkundig auf einem anderen Blatt. Schwer nachvollziehbar, aber doch europäische Wirklichkeit im Jahr des EU-Beitritts. Die gute Nachricht - das tschechische Parlament hat diesen Zustand mittlerweile als mangelhaft erkannt und eine Gesetzesnovelle entworfen. Zu spät für unsere Tochter.