Eva Leicmanová: Von Prag in den Deutschen Bundestag - und von Berlin nach Dresden
Vielleicht haben einige von Ihnen am Sonntag unser Magazin "Schauplatz" gehört: Radio Prag war zu Besuch im Deutschen Bundestag in Berlin und hat dort mit tschechischen Praktikanten gesprochen. Unter ihnen ist auch die junge Pragerin Eva Leicmanová. Hören Sie nun das ganze Interview, das Gerald Schubert mit ihr geführt hat:
"Das ist ein Programm für junge Hochschulabsolventen, für Nachwuchskräfte aus Europa und den USA. Insgesamt sind hier 93 Praktikanten aus 18 Ländern. Das Programm dauert fünf Monate. In den ersten zwei Monaten haben wir verschiedene Vorlesungen und Seminare besucht und eine große Reise durch ganz Deutschland gemacht. Vor allem waren es politische Stiftungen, bei denen wir zu Gast waren, und wo wir dann an diesen Seminaren teilnehmen konnten."
Welche Seminare waren das?
"Die politischen Stiftungen haben sich vor allem darum bemüht, uns einen Einblick in das politische System Deutschlands zu vermitteln. Die Themen waren unterschiedlich, aber immer ging es um Politik, um politische Systeme, um Traditionen wie zum Beispiel den Liberalismus oder sozialdemokratische Traditionen in Deutschland. Es ging darum, wie sich diese Bewegungen entwickelt und dann in Parteien verwandelt haben."
Nachdem diese Reisen abgeschlossen waren, seid ihr nach Berlin zurückgekommen. Dann ging gleich die Arbeit im Bundestag los?
"Mitte April sind wir wieder nach Berlin gekommen. Jeder von uns arbeitet hier in einem Abgeordnetenbüro - ich zum Beispiel im Büro von Vizepräsidentin Antje Vollmer. Jeder bekam verschiedene Aufgaben. Und viel hängt dabei auch von einem selber ab. Das heißt, wir haben die Möglichkeit, hier alle Ausschüsse, alle Plenarsitzungen und alle Sitzungen von Arbeitsgruppen zu besuchen. Natürlich können wir auch an den Fraktionssitzungen teilnehmen. Also eigentlichen haben wir überall 'freien Eintritt'."
Warum bist du denn zur Abgeordneten Antje Vollmer gekommen? Ich nehme an, dass es da von beiden Seiten die Möglichkeit gibt, Wünsche zu äußern. Wie ist denn das in deinem Fall abgelaufen?
"Nachdem wir von einer Kommission ausgewählt worden waren, durften wir unsere Wünsche auf einem Formular angeben. Eine Frage war, bei welcher Partei man sein möchte, eine zweite, mit welchen Aufgaben sich der Abgeordnete beschäftigen soll. Ich habe die Grüne Partei gewählt, und das hat auch geklappt. Und als Schwerpunkt habe ich den Ausschuss für Kultur und Medien gesetzt. Frau Vollmer ist in diesem Ausschuss. Also: Es ist genau das, was ich mir gewünscht habe. Und Frau Vollmer hat sich ihrerseits eine Tschechin oder einen Tschechen gewünscht. Das heißt, ich hoffe, dass das jetzt für beide Seiten gut geklappt hat."Warum hat sie sich denn eine Tschechin oder einen Tschechen gewünscht? Ich glaube, sie ist ja ziemlich aktiv, was die deutsch-tschechischen Beziehungen betrifft.
"Ja, das stimmt! Sie beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Tschechischen Republik. Sie ist auch im Verwaltungsrat des Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds tätig. Und sie hat glaube ich zu Tschechien eine persönliche, sehr positive Beziehung."
Worin besteht jetzt konkret eure Aufgabe hier? Vielleicht kannst du ja nicht für alle sprechen. Aber was machst du im Büro der Abgeordneten Antje Vollmer?
"In den ersten drei Wochen habe ich mich mit dem Zukunftsfonds beschäftigt. Das heißt, ich habe viele Dinge, Artikel usw. archiviert. Das war auch für mich persönlich sehr interessant, weil ich mich bei dieser Gelegenheit in die Sache einlesen konnte. Jetzt im Moment bin ich dabei, einen Kulturverteiler zu aktualisieren. Das heißt, ich rufe bei allen Zeitungen, Radio- und Fernsehsendern an, und frage, ob sich dort etwas verändert hat. Ob die Leute, die wir in der Datenbank haben, immer noch im Kulturbereich arbeiten. Diese Datenbank ist für das Büro von Frau Vollmer sehr wichtig, weil sie ja auch kulturpolitische Sprecherin ist."
Du hast gesagt, dass insgesamt 93 junge Leute aus 18 Ländern hier vertreten sind. Trefft ihr euch auch außerhalb der Arbeitszeit?
"Ja! Das Praktikum an und für sich ist schon sehr gut, und wir sind sehr froh, hier im Bundestag sein zu dürfen. Das ist für uns sehr wichtig. Aber natürlich ist es nicht nur das, was uns glücklich macht in Berlin. Wir wohnen alle zusammen in einem Haus. Das heißt, wir gehen auch gemeinsam zur Arbeit bzw. treffen uns auf dem Weg aus der Arbeit. Und wir gehen natürlich abends sehr oft aus und besuchen verschiedene kulturelle Veranstaltungen. Es gibt hier ein Angebot, was Kultur betrifft - da kann man gar nicht alles schaffen, was man möchte! Wir versuchen, möglichst viele Veranstaltungen zu besuchen: Theater, Ausstellungen usw. Es ist natürlich sehr schön, dass wir das alles gemeinsam tun können, und dass zwischen uns so ein reger Austausch stattfindet. Wir erfahren auf diese Weise sehr viel über andere Länder. Ich glaube, alle hier hätten jetzt gerne ein Jahr frei, um diese 18 Länder zu besuchen und in all die Städte zu reisen. Das wäre ein Traum!"Wie lange bist du denn jetzt noch hier? Und welche konkreten Pläne hast du für die Zeit nach dem Parlamentspraktikum in Berlin?
"Ich bin noch bis Ende Juli in Berlin. Vor ein paar Wochen habe ich mich im Tschechischen Zentrum Dresden um eine Stelle beworben. Und ich kann jetzt sehr glücklich sein, weil ich diese Stelle bekommen habe. Das heißt, ich werde gleich nach diesem Praktikum nach Dresden umziehen und dort beim Tschechischen Zentrum anfangen. Ich freue mich sehr darauf! Und auch darüber, dass ich bei der Kultur bleiben kann, was eigentlich ein Schwerpunkt ist in meinem Leben."
Weißt du schon, was du dort konkret machen wirst?
"Das Tschechische Zentrum in Dresden gehört eigentlich zum tschechischen Außenministerium. Das heißt, es ist sozusagen eine Vertretung. Seine Aufgabe ist die Präsentation der Tschechischen Republik im Ausland, konkret natürlich in Dresden. Und zu meinem Aufgabenbereich werden verschiedene Projekte, Ausstellungen und Lesungen gehören, die ich organisieren werde."