Fall Parkanová: Immunität erstmals wegen vermutlicher politischer Verfehlung aufgehoben

Vlasta Parkanová (Foto: ČTK)

Bei der strafrechtlichen Verfolgung von Politikern, die aufgrund eigenmächtiger Entscheidungen gegen Gesetze verstoßen und dem Staat womöglich geschadet haben, wurde am Mittwoch in Prag vermutlich ein Meilenstein gesetzt. Denn ähnlich wie im Fall des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus, gegen den wegen des Verdachts der Untreue ermittelt wird, muss sich wohl auch in Tschechien die erste Politikerin wegen politischer Verfehlungen strafrechtlich verantworten. Es ist die ehemalige Verteidigungsministerin Vlasta Parkanová, die sich wegen des überteuerten Kaufs von Flugzeugen für die tschechische Armee jetzt den Ermittlern stellen muss.

Von 176 anwesenden Abgeordneten stimmten 117 für die Auslieferung von Vlasta Parkanová an die Polizei  (Foto: ČTK)
Das tschechische Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am Mittwoch entschieden, die Immunität der Abgeordneten Vlasta Parkanová aufzuheben. Von 176 anwesenden Abgeordneten stimmten 117 für ihre Auslieferung an die Polizei, 45 dagegen und 14 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Nach der Abstimmung zog Parkanová sofortige Konsequenzen:

„In Anbetracht des Ergebnisses der Abstimmung trete ich von meinem Amt der Vizevorsitzenden des Abgeordnetenhauses zurück.“

Der Abstimmung am frühen Abend war eine mehrstündige Debatte vorausgegangen. In der Debatte versuchte auch Parkanová knapp eine Stunde lang, die gegen sie gerichteten Vorwürfe zu entkräften. Von der Polizei wird ihr zur Last gelegt, beim Kauf von Militärflugzeugen keine weiteren Angebote eingeholt und den Staat dadurch geschädigt zu haben. Der Antrag der Polizei, sie für die Ermittlungen freizugeben, enthalte mehrere Lügen und sei künstlich konstruiert, behauptete Parkanová:

Vlasta Parkanová  (Foto: ČTK)
„Ich weiß nicht, was hinter dieser Beschuldigung steht. Ich habe eher den Eindruck, dass der Grund die Strafverfolgung als solche ist. Eine Verfolgung in der Politik bedeutet aber eine Menge Schmutz, die wiederholt auf einen ausgeschüttet wird.“

Parkanovás Verteidigung konnte aber nicht überzeugen. Während indes erwartet wurde, dass die Opposition einstimmig für die Aufhebung ihrer Immunität stimmen wird, fiel die Anzahl der Befürworter aus den Reihen des Regierungslagers überraschend hoch aus. Bei Premier Petr Nečas löste das Ergebnis jedoch kein Erstaunen aus:

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Ich denke, das war ein logischer Schritt, und in der entstandenen Situation auch der einzig mögliche. Es stimmt zwar, dass das Vorgehen der Polizei wegen einiger Ungereimtheiten auch einige Fragen aufwirft, wichtiger aber ist, dass alles in einer standardisierten Form aufgeklärt wird. Und das heißt nichts anderes, als das der Fall von den Justizorganen in einem Strafverfahren gelöst wird.“

Mit der entstandenen Situation spielte Nečas indirekt auf den Fall David Rath an, dem jüngst ebenfalls die Immunität entzogen wurde. Und zwar deshalb, weil gegen den Ex-Abgeordneten und ehemaligen Kreishauptmann von Mittelböhmen wegen des Verdachts der Korruption ermittelt wird. Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Miroslava Němcová, stimmte ihrem Parteichef Nečas zu. Man müsse in diesem Fall mit dem gleichen Maß wie zuvor bei David Rath messen, sagte Němcová.

Miroslav Kalousek  (Foto: ČTK)
Binnen kurzer Zeit wurde also schon zum zweiten Male eine Debatte über Sinn und Zweck der Immunität von Abgeordneten, Senatoren und Verfassungsrichtern geführt. Die Regierung nahm das am Mittwoch auch zum Anlass, um über einen parlamentarischen Gesetzentwurf zur Beschränkung der Immunität abzustimmen. Erwartungsgemäß stimmte das Kabinett für eine Begrenzung der Immunität auf die Zeit der jeweiligen Legislaturperiode. Finanzminister Miroslav Kalousek aber kritisierte den Gesetzentwurf. Noch sichtlich enttäuscht von der Tatsache, dass seiner Parteikollegin Parkanová der Schutz der Immunität entzogen wurde, äußerte er vor Journalisten:

„Wenn die Immunität faktisch aufgehoben wird, dann lasst uns das auch schriftlich im Gesetz fixieren.“