Fall Skripal: Russische Beschattung in Prag
Investigative Journalisten des Tschechischen Rundfunks haben Details herausgefunden, wie der russische Geheimdienst GRU wohl den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal beschattet hat. So sollen die mutmaßlichen Attentäter von Salisbury ihm bereits 2014 in Prag auf den Fersen gewesen sein.
Janek Kroupa leitet eine Gruppe investigativer Journalisten beim öffentlich-rechtlichen Tschechischen Rundfunk. Man habe herausgefunden, dass die mutmaßlichen Attentäter bereits im Oktober 2014 Skripal im Visier hatten, sagt Kroupa:
„Es sieht danach aus, als ob die Russen ein Team zusammengestellt hatten, um Skripal zu beschatten. Zunächst hat sich nur einer der späteren mutmaßlichen Attentäter in Ostrau einquartiert und ist dann nach Prag gefahren.“
Aber auch auf die Spur des zweiten sei man dann schnell gekommen, sagt Kroupa. Beide nutzten genau jene Tarnnamen, die sie auch vor sieben Monaten in Großbritannien trugen. Das ist zum einen Ruslan Boschirow alias dem GRU-Oberst Anatoli Tschepiga. Und der Zweite ist Alexander Petrow. Bei ihm soll es sich eigentlich um den Militärarzt Alexander Mischkin handeln. Boschirow stieg am 11. Oktober 2014 in einem Hotel in Ostrava / Ostrau ab.
„Wir wissen, dass auch Alexander Petrow zunächst in Ostrau war, und zwar vom 13. bis 16. Oktober. Danach fuhr er ebenfalls nach Prag, also am 17. Oktober 2014. Beide müssen sich also mindestens eine Woche lang in Tschechien aufgehalten haben“, so Kroupa.Der gemeinsame Besuch Prags im Oktober 2014 habe wohl nicht vorrangig den Sehenswürdigkeiten gegolten, betont der Journalist – auch wenn einer von ihnen tatsächlich auf Facebook ein Foto der Astronomischen Uhr gepostet habe. Damit spielt Janek Kroupa darauf an, dass beide in einem bizarren Interview für einen russischen TV-Sender behauptet haben, sie seien der schönen Kathedrale wegen nach Salisbury gefahren:
„Wir konnten herausfinden, dass Skripal zur selben Zeit wie Petrow und Boschirow in Prag war. Er hat dem tschechischen Geheimdienst wohl dabei geholfen, russische Agenten zu enttarnen. Dass der Aufenthalt der beiden späteren mutmaßlichen Attentäter zeitlich damit zusammenfällt, deutet darauf hin, dass sich der russische Geheimdienst sehr eingehend und lange mit Skripal beschäftigt hat.“
Dem GRU dürfte Skripals Tätigkeit ein Dorn im Auge gewesen sein, meint Kroupa. Der frühere russische Agent half zu dem Zeitpunkt bereits den Nachrichtendiensten mehrerer Nato-Länder, so dem britischen und eben wohl auch dem tschechischen. Denn er kannte die Arbeit seiner früheren Kollegen:„Er kannte auch in Prag wohl die Orte, an denen sich russische Agenten getroffen haben. Er wusste, wie sie miteinander kommunizieren. Und er war vielleicht sogar in der Lage, einige von ihnen von Angesicht zu Angesicht zu identifizieren. Das könnte seine Reise nach Tschechien erklärt haben.“
Vom tschechischen Inlandsgeheimdienst BIS hieß es jedoch dazu bisher: kein Kommentar. Die Wochenzeitung „Respekt“ hat allerdings herausgefunden, dass Sergej Skripal auch schon 2012 in Prag war. Und sowohl damals als auch 2014 sollen wenig später russische Spione von den tschechischen Behörden des Landes verwiesen worden sein.