Nato-General über Informationskrieg und Nowitschok
Experten aus den EU-Ländern und den USA diskutieren auf dem „Stratcom Summit“ über den Kampf gegen Desinformationen. Der Vorsitzende des Militärausschusses der Nato, General Petr Pavel, hat dem Tschechischen Rundfunk am Rande der Konferenz in Prag ein Interview gegeben.
„Die russische Sicherheitsstrategie und die Militärdoktrin des Landes betrachten den Informationskrieg als Teil eines fortwährenden Konflikts. Russland nimmt die ganze Geschichte als einen solchen Konflikt wahr, nur dass die Intensität und die Mittel sich im Laufe der Zeit gewandelt haben. Russland sagt ganz offen, dass die Nato und der Westen seine Gegner seien, und führt eine Informationskampagne gegen das andere Lager.“
Dabei steige die Intensität der hybriden Bedrohung, meint Pavel:„In der Welt passiert vieles. Eine natürliche Folge ist, dass die Öffentlichkeit nicht vollständig über alle Ereignisse informiert werden kann. Eine solche Lage schafft die Voraussetzung dazu, bereits im Vorfeld Informationen zu produzieren. Und Russland nutzt diese ganz geschickt aus.“
Das Ziel des Kremls sei dabei, die liberale Demokratie westlichen Typs als ineffektiv darzustellen.
„Die westlichen Demokratien seien ein Relikt und müssten durch eine Form ersetzt werden, die Ordnung und eindeutige Führung bietet. Als solches präsentiert sich Russland.“
In Tschechien werde die Gefahr der russischen Desinformationskampagne unterschätzt, warnt der General:„Eines der Ergebnisse der Kampagne ist die Relativierung der Bedrohung. Wenn man den Menschen immer wieder erzählt, dass Russland keine Bedrohung darstellt, dann glauben sie das auch irgendwann. Man muss dann genug Argumente vorlegen, um diese Manipulation zu entlarven. Ansonsten darf man sich nicht wundern, dass die Gefahr nicht als akut erkannt wird.“
Jüngst sorgte der Giftanschlag auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal für einen diplomatischen Konflikt. Der ehemalige russische Doppelagent war im englischen Salisbury mutmaßlich mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden, London machte Russland dafür verantwortlich. Die Theorie Moskaus, das Gift habe auch in Tschechien hergestellt werden können, hält Pavel für ein typisches Beispiel der russischen Strategie. Nach dem Vorwurf hat Präsident Miloš Zeman eine Untersuchung des Militärnachrichtendienstes in Tschechien veranlasst.
„Dass der Staatspräsident den Militärnachrichtendienst mit einer Untersuchung der Vorwürfe betraut hat, ist meiner Meinung nach in Ordnung und steht im Einklang mit seiner Funktion. Für ungewöhnlich halte ich aber, dass er die Öffentlichkeit darüber informiert hat. Aufträge an die Geheimdienste werden in der überwiegenden Mehrheit der Fälle nicht in die Medien getragen.“
An diesem Donnerstag gab der Staatspräsident in einem Fernsehinterview zudem die Ergebnisse der Untersuchung bekannt. Das Nervengift Nowitschok soll vergangenes Jahr in einem Forschungslabor in Brno / Brünn hergestellt und getestet worden sein. Das Gift mit dem Decknamen A-230 sei aber nur in einer kleinen Menge produziert und sofort vernichtet worden, so das Staatsoberhaupt mit Berufung auf den Militärnachrichtendienst. Laut der Analyse des zivilen Nachrichtendienstes BIS hat es sich bei dem Gift allerdings nicht um Nowitschok gehandelt.