Fernsehaffäre: Tschechien zahlte 10,7 Milliarden Kronen an CME

Vladimir Zelezny - left (Foto: CTK)

Nach der auch im Berufungsverfahren erlittenen Niederlage im Rechtsstreit mit der amerikanischen Gesellschaft CME hat die Tschechische Republik am Donnerstag die fällige Entschädigung in Höhe von 10,7 Milliarden Kronen (ca. 350 Millionen Euro) sofort von einer schwedischen Filiale der Deutschen Bank an die siegreiche Partei überwiesen. Wunderlecken ist nun angesagt sowie die Suche nach dem Schuldigen für das Debakel. Und da zeigt sich einmal mehr, wie unterschiedlich die Interessenslagen der politischen mit der medialen Sphäre in Tschechien verwoben sind. Näheres dazu von Lothar Martin.

Vladimir Zelezny - left  (Foto: CTK)
Für Fehler büßt man im Leben, für gravierende Fehler zahlt man in der Regel empfindliche Geldbußen. Ein solcher ist das Desaster, dass Tschechien nach dem Richterspruch in Stockholm hinnehmen musste auf jeden Fall und die Schuldigen sind nicht in den Personen der heute handelnden tschechischen Regierung zu suchen. Im Gegenteil: Es wird immer deutlicher, dass der offenkundige "Deal", den die heutige größte oppositionelle Kraft im Lande, die Demokratische Bürgerpartei (ODS), mit dem privaten Fernsehsender TV Nova im Schilde führte, übers Ziel hinausgeschossen ist. 1999, als der am Mittwoch abberufene Ex-Generaldirektor des TV Nova, Vladimír Zelezný, die Trennung von der den Aufbau des Senders maßgeblich finanzierenden Gesellschaft CME durchgezogen hatte, feierten auch Ex-Premier Milos Zeman und Ex-ODS-Chef Václav Klaus die Entstehung des ersten privaten TV-Kanals tschechischer Machart. Klaus als Spitzenmann einer Partei, die immer den so genannten "tschechischen Weg" propagierte und die daher einen solchen Coup, wie ihn Zelezný glaubte fabriziert zu haben, wohlwollend unterstützte und vor Angriffen von außen abschirmte. Zeman, damals nur mit Hilfe des von den Sozialdemokraten mit der ODS geschlossenen so genannten Oppositionsvertrages an die Macht gekommen, hatte ebenso keine Einwände gegen diesen Geschäftsstreich, der dem tschechischen Steuerzahler nun teuer zu stehen kommt.

Der tschechische Premier Vladimír Spidla, der seit seiner Wahl im Juni vergangenen Jahres für eine neue Linie in der tschechischen Sozialdemokratie sowie eine sachlich nüchterne Politik im Lande steht, hat die gerichtliche Niederlage quasi nachträglich noch mit auf den Weg bekommen. Doch - sportlich fair - hat er sich ihr gestellt:

"Alle diese Dinge müssen sich einzig und allein auf der Grundlage und im Rahmen der Gesetze abspielen. Und hier ging es leider um einen Rechtsstreit zwischen CME und der Tschechischen Republik und nicht zwischen den Eignern von TV Nova und der Tschechischen Republik. Das bedeutet, die Sache ist rechtens und ließ uns nur geringfügige Möglichkeiten."

Kulturminister P. Dostal,  V. Spidla,  Finanzminister B. Sobotka  (Foto: CTK)
Andererseits ließ Spidla bereits jetzt deutlich werden, dass die Schuldigen in dieser Affäre ausgemacht und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden:

"Das Abgeordnetenhaus hat eine Untersuchungskommission gebildet, und falls der begründete Verdacht einer verübten Straftat besteht, dann zweifle ich nicht daran, dass die Kommission eine entsprechende Strafanzeige erstatten und diese Gegenstand eines ordentlichen Prozesses werden wird."

Schon fast freimütig lassen die Vertreter der Regierungskoalition auch kaum einen Zweifel daran, dass als Hauptschuldiger eigentlich nur Vladimír Zelezný, der Zögling des politischen Gegners ODS in Frage kommt. Zelezný, der mit solch einer Rasanz seiner Entmachtung offensichtlich nicht gerechnet hat, ist inzwischen abgetaucht. Dafür könnte ein Großteil des an CME verlorenen Geldes im nächsten Jahr durchaus wieder in Tschechien auftauchen. Denn CME-Chef Fred Klinkhammer ließ am Donnerstag folgendes verlauten:

"Das aus dem Richterspruch des Schiedsgerichts erhaltene Geld wollen wir 2004 in die Tschechische Republik reinvestieren, allerdings nur unter der Bedingung, dass wir eine staatliche Garantie zum Schutz der Investition erhalten."

Die Tschechische Republik erhält also eine zweite Chance von den US-Amerikanern und Premier Spidla dazu eine große, nämlich die, besser mit ihr umzugehen als seine Vorgänger.