Festival der offenen Kellertüren startet in Velké Pavlovice
Der Weintourismus wird in Tschechien immer beliebter. 96 Prozent der heimischen Weinproduktion stammen aus Südmähren. Um die Qualität der Weine vor allem von kleinen Winzern der Öffentlichkeit zu präsentieren, initiierte das Tschechische Weinbauzentrum das so genannte „Festival der offenen Kellertüren“. Besucher aus dem In- und Ausland haben damit die Möglichkeit, zu jeder Jahreszeit eine der südmährischen Weinregionen mit ihren typischen Kellerstraßen kennen zu lernen. Im März wird das Festival in Velké Pavlovice gestartet. Martina Schneibergová sprach mit Daniel Mourek von der Stiftung Partnerství, die sich um nachhaltige Entwicklung in den tschechischen Regionen kümmert und auch mit südmährischen Gemeinden zusammenarbeitet.
Wie entstand die Idee des Festivals der offenen Kellertüren?
„Die Idee entstand vor drei, vier Jahren. Wir haben gute Kontakte zu österreichischen Winzern, und da haben wir verschiedene Exkursionen für Bürgermeister und Winzer aus Südmähren organisiert. Es waren gezielte Reisen zum Thema Wein und Kellergassen. Dabei kamen wir auf die Idee mit den offenen Kellertüren. In Österreich läuft so etwas schon seit Jahren. Begonnen haben wir in Mähren mit den Gemeinde-Vinotheken. Nach den Diskussionen mit den Weinbauern haben wir gedacht, jetzt soll ein Event folgen. Die Idee mit den offenen Kellertüren entstand zwar in Österreich, aber in Tschechien war sie nicht unbekannt. Einige Gemeinden organisieren etwas Ähnliches von Zeit zu Zeit, aber etwas Regelmäßiges in allen Jahreszeiten zu veranstalten, das ist etwas Neues und das wollen wir langfristig unterstützen.“Die Tage der offenen Kellertüren bekommen dadurch also einen einheitlichen Rahmen. Werden sie jedes Jahr organisiert?„Die erste Voraussetzung ist, dass die Keller offen sind. Aber es geht nicht nur darum, den Besuchen Wein anzubieten, sondern auch Events rund um den Wein zu initiieren: kulinarische Spezialitäten, Kulturveranstaltungen, Folklore etc..“
Rechnen die Winzer damit, dass ein Teil der Besucher in der Gemeinde auch zwei, drei Tage bleiben möchte. Reichen die Unterkunftskapazitäten in den kleineren Städten und Dörfern aus?
„Es ist auch unser Ziel, den Aufenthalt der Leute, die die Weinregionen besuchen, zu verlängern. Darum dauern die Festivals immer zwei bis drei Tage. Wir rechnen damit, dass die Interessenten ein verlängertes Wochenende beispielsweise in Velké Pavlovice verbringen wollen. Im Frühling – vom 21. – 22. März – wird das Festival eben in Velké Pavlovice und in fünf weiteren Gemeinden in der Umgebung dieser Stadt stattfinden. Wir haben eine Analyse durchgeführt und festgestellt, dass es in den Unterkunftseinrichtungen in der Region etwa 800 Betten gibt. Dies sollte ausreichen, denn für das Festival werden 2.000 Karten verkauft und es ist klar, dass viele Leute aus Brünn und der Umgebung nur für einen Tag nach Velké Pavlovice kommen werden. Da erwarten wir keinerlei Probleme. Wir haben auch ausgerechnet, wie viele Leute sich während des Festivals in der Region verpflegen können. Dies könnte schon schwieriger sein, aber wir rechnen damit, dass die etwa 2.000 Menschen während der zwei, drei Tage in den Gemeinden etwas zum Essen kaufen können. Das Programm haben wir so gestaltet, dass die Besucher nicht nur in den Weinkellern verweilen, sondern auch Wanderungen unternehmen können. Es werden Kulturveranstaltungen angeboten, und wir nehmen an, dass sich die Besucher in der Region ein wenig zerstreuen.“Im Sommer muss man aber mit mehr Besuchern rechnen, da kommen auch viele Radfahrer hinzu, nicht wahr?„Im Sommer bieten wir auch Events für Radfahrer. In Mähren gibt es ein Netzwerk von 1200 Kilometern langen mährischen Wein- und Wanderwegen. Das funktioniert ähnlich wie in Niederösterreich, wo es 17 verschiedene Rundkurse für Radfahrer gibt. In Tschechien gibt es zurzeit 12 Rundkurse, die durch die wichtigsten Weingebiete Südmährens führen. Zudem gibt es einen Hauptweg, der Znojmo mit Uherské Hradiště verbindet und etwa 300 Kilometer misst.“
Wie hoch ist das Interesse aus dem Ausland?
„In diesem Jahr, wo das Festival zum ersten Mal stattfindet, rechnen wir eher mit tschechischen Kunden, aber wir haben auch Kontakte in Niederösterreich – da gibt es bestimmt einige Leute, die zum Festival kommen werden. Es haben sich inzwischen auch Tourismus-Experten aus Polen gemeldet, die das Festival erleben wollen. Bislang vermarkten wir diese Veranstaltung im Ausland nicht massiv, aber wenn sich das alles bewährt, dann werden wir auch im Ausland stärker mit dem Marketing einsteigen.“Wer ist Ihr Ansprechpartner in Tschechien? Der Winzerfonds?
Ja, genau, und zwar nicht nur bei dieser Veranstaltung, sondern beispielsweise auch bei der Zertifizierung der Weinkeller, Winzerhöfe und der Unterkunftseinrichtungen im Weintourismus. In Südmähren gibt es zurzeit etwa 100 Betriebe, die zertifiziert sind. Die Zertifikate funktionieren ähnlich wie in Niederösterreich – unser gemeinsames Ziel ist es, eine Weinregion zu gestalten – zwischen Wien, Brünn und teilweise auch Bratislava – wo es viele Ähnlichkeiten gibt. Was für uns wichtig ist und, was Südmähren zu bieten hat, sind vor allem die Kellergassen. Wein gibt es überall in Europa, aber die Kellergassen und die Architektur sind hier einzigartig. Und was noch in Tschechien typisch ist, sind Folklore und Musik, die mit Wein zusammenhängen. Da sind die Österreicher ein wenig benachteiligt, sie haben dafür eine längere Tradition in der Gastronomie, da müssen wir noch etwas mehr lernen. Wir beeinflussen uns gegenseitig, und aus dieser Kooperation soll künftig eine gemeinsame Tourismusregion entstehen.“Haben die mährischen Winzer Interesse für die Zertifizierung ihrer Dienste?„Die Winzer sind ein bisschen konservativ und wollen immer abwarten, was passiert. In den letzten Jahren haben wir die Zertifizierung der radfreundlichen Betriebe gestartet und dies bietet den Bewohnern in der Region ein Beispiel, dass es Sinn hat, ein Zertifikat zu haben und dass sie erfolgreich werden können. Wir möchten den Winzern helfen, die sich nicht gut vermarkten können. Bei der Zertifizierung geht es um die Qualität der Dienste, nicht um die Weinqualität. Es geht um das angebotene Service.“
Wollen Sie damit eher den kleineren Winzern unter die Arme greifen?„Die Zertifizierung ist für die mittelgroßen und kleinen Winzerfirmen gedacht. Ähnlich war es mit unserem Projekt der Wanderwege, mit dem wir vor allem an die Winzerkommunen gedacht haben. Letztendlich muss das Projekt von den Winzern oder Gasthöfen angeboten werden, aber wir wollen, dass die Kommunen auch mit involviert sind. Damit haben wir eine gute Erfahrung im Weinviertel gemacht, wo die Kommunen in alle Tourismusprojekte und Produkte involviert sind.“
Ich will keine der Gemeinden hervorheben oder bevorzugen. Gibt es aber ein Beispiel einer Winzerkommune, wo es besonders gut funktioniert? Mir fällt die Stadt Hustopeče mit dem lustigen Weinhefedenkmal ein.„Ja, schon. Hustopeče ist bestimmt ein gutes Beispiel. Mir gefällt z. B. Židlochovice. Das ist keine typische Winzergemeinde, weil es verhältnismäßig nördlich liegt. Es ist etwa 25 Kilometer von Brünn entfernt. Dort hat man eine Gemeinde-Vinothek eröffnet, die zum Zentrum der Gemeinde geworden ist. Der Bürgermeister, der mit uns an einer Weinexkursion in Österreich teilnahm, kam mit dieser Idee zurück. Mit den Bürgermeistern von einigen Gemeinden aus der Umgebung hat er die Vinothek gegründet. Židlochovice ist ein Beweis dafür, dass man auch in Gemeinden, die durch Wein nicht so bekannt sind, etwas organisieren kann.“
Fotos: Autorin