Festliche Erinnerung in Prag: Konzert für Überlebende des NS-Terrors

Konzert für Überlebende des NS-Terrors

 In Tschechien leben heute nur noch knapp über eintausend Menschen, die im Zweiten Weltkrieg Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung waren. Ihnen zu Ehren wurde ein Festkonzert in Prag veranstaltet – in Anwesenheit der Überlebenden, ihrer Angehörigen sowie von Vertretern der tschechischen und deutschen Öffentlichkeit.

Pavel Haas

Die Musik von Viktor Ullmann, Pavel Haas und Felix Mendelssohn Bartholdy wurde in der Staatsoper am Mittwochnachmittag gespielt. Das Konzert wurde vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland und dem Nationaltheater Prag veranstaltet. Tomáš Jelínek ist Geschäftsführer des Zukunftsfonds:

„Der Ursprung dieser Idee liegt im Jahr 2020, als wir an das 75. Jubiläum des Endes des Zweiten Weltkriegs erinnern wollten. Wir  haben zu diesem Anlass ein Konzert für die und mit den Überlebenden geplant. Und dies nicht nur mit den Holocaust-Überlebenden, sondern mit den  Opfern aller Formen der nationalsozialistischen Verfolgung. Die Umsetzung war wegen der Pandemie leider nicht möglich. Wir haben den Gästen mitten in der Pandemie mit einem Brief versprochen, dass wir das Konzert dann organisieren, wenn es  wieder geht.“

Miloš Vystrčil | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Im Publikum saßen  am Mittwoch also Menschen, die die Konzentrationslager von Auschwitz und Terezín / Theresienstadt durchlitten oder die Auslöschung von Lidice überlebt haben, deren Eltern als Widerstandskämpfer hingerichtet wurden oder im KZ ums Leben kamen. Der Vorsitzende des tschechischen Senats, Miloš Vystrčil (Bürgerdemokraten), sprach zu den Anwesenden:

„Ich bin sehr froh, dass wir heute die Kraft gefunden haben, die sogenannte dreizehnte Kammer zu öffnen. Es ist die einzige Möglichkeit, wie man zu einer besseren Gegenwart und vor allem zu einer besseren Zukunft kommen kann. Um das zu schaffen, brauchen wir die Hilfe von Zeitzeugen, von Überlebenden. Wenn es gelingt, die unglückliche, traurige Vergangenheit wahrheitsgetreu und unversehrt zum Teil unserer Geschichte zu machen, haben wir auch Hoffnung auf Vergeben.“

Frank-Walter Steinmeier | Foto: Olaf Kosinsky,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0 DE

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Konzertbesucher in einer Videoansprache und dankte den Zeitzeugen für ihre Bereitschaft zur Versöhnung und ihre Offenheit gegenüber dem heutigen Deutschland:

„Trotz des Leids und der Gräuel, die Sie erleben mussten, trotz Ihrer vielen Angehörigen, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in der Tschechoslowakei wurden, haben Sie uns die Hand gereicht zur Versöhnung. Und so neue Brücken zwischen unseren Völkern gebaut. Für diese Geste, für diese Größe möchte ich Ihnen im Namen meines Landes meinen tiefempfundenen Dank aussprechen.“

Unmittelbar vor dem Konzert fand die Vorstellung einer gerade erscheinenden Publikation statt. Diese entstand auf der Grundlage von Erinnerungen und Botschaften, die Zeitzeugen der Verfolgung zum 75. Jahrestag des Kriegsendes an den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds übermittelt haben. Tomáš Jelínek:

Foto: Markéta Kachlíková,  Radio Prague International

„Aufgrund dieses Schatzes haben wir ein Buch herausgegeben mit einem Essay von Radka Denemarková. Es lässt, glaube ich, niemanden gleichgültig. Darin kann man auch wunderbare Porträtfotos von Karel Cudlín finden, die die Überlebenden  zeigen, sowie viele Zitate von ihnen. Dieses Buch heißt ‚Als ob das alles gestern geschehen wäre‘.“

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