Filme, Elektropop und Wissenschaft

Ostře sledované vlaky
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Fans des tschechischen Kinos kommen in den nächsten Wochen in Berlin auf ihre Kosten. Aber auch um künstliche Intelligenz und um die Entwicklung in Europa geht es bei den Veranstaltungen, die das Tschechische Zentrum demnächst in der deutschen Hauptstadt organisiert. Mehr dazu im Interview mit der stellvertretenden Leiterin des Zentrums, Christina Frankenberg.

Ostře sledované vlaky | Foto: Tschechisches Fernsehen
Frau Frankenberg, am kommenden Montag gibt es bei Ihnen einen der bekanntesten Filme von Starregisseur Jiří Menzel zu sehen. Und zwar Ostře sledované vlaky. Manche unserer Hörer werden den Streifen schon gesehen haben, andere vielleicht nicht. Machen Sie doch ein bisschen Geschmack auf den Film…

„Es ist vielleicht der international bekannteste Film von Jiří Menzel. Als er ihn 1966 drehte, war Menzel noch nicht ganz 30 Jahre alt. Mit diesem Film hat er als einer der ganz wenigen tschechischen Regisseure den Oscar für den besten ausländischen Film gewonnen. In diesem Streifen führt er uns zurück in die letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges, auf eine kleine Eisenbahnstation. Auf dieser Eisenbahnstation arbeitet der junge Bahn-Azubi Miloš Hrma, der noch Jungfrau ist und gerne erste sexuelle Erfahrungen machen möchte. Ebenfalls gibt es den Fahrdienstleiter Hubíčka, der kurz vor der Rente steht und eigentlich am liebsten Tauben züchtet, sowie andere, zum Teil auch etwas skurrile und sehr eigenwillige Gestalten. Alle geraten unversehens in eine Verschwörung, in einen Sabotage-Akt. Dieser betrifft Militärtransporte, die tagtäglich an dieser kleinen Bahnhofsstation vorbeiziehen.“

Ostře sledované vlaky
Der Film wird bei Ihnen kostenlos gezeigt, aber man muss sich darum kümmern, damit man tatsächlich einen Platz bekommt. Bis wann geht denn die Anmeldefrist?

„Genau, ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass wir den Film in Kooperation mit der tschechischen Botschaft zeigen und für diese Vorführung den Kinosaal der Botschaft nutzen können. Es ist nötig, sich bis Sonntag, 15. April, schriftlich anzumelden und zwar unter der Email-Adresse des Tschechischen Zentrums: [email protected]. Erwähnen möchte ich auch, dass der Film in der Originalversion mit englischem Untertitel läuft.“

Am 18. und 19. April geht es dann um etwas ganz anderes. Und zwar läuft da bei Ihnen eine Wissenschaftsveranstaltung, das Czech Innovation Festival. Was steht dabei im Mittelpunkt?

Die Tschechische Republik hat einige Forschungsstätten zu künstlicher Intelligenz.

„Das Czech Innovation Festival ist eine zweitägige Veranstaltung, die schon zum dritten Mal stattfindet. Bei diesem Festival machen wir mit Wissenschaft, Technik und neuen Erfindungen vor allen Dingen in der Tschechischen Republik bekannt. Dieses Jahr wird es um künstliche Intelligenz gehen. Die Tschechische Republik hat in diesem Bereich einige Forschungsstätten von internationalem Rang, so etwa bei der Technischen Universität in Prag. In Brünn gibt es sogar ein Projekt, das von Facebook ausgewählt dazu wurde, sich an einem internationalen Forschungsvorhaben zu künstlicher Intelligenz und ihrer Nutzung zu beteiligen. Von beiden Institutionen kommen Vertreter zu uns. Sie werden in Diskussionen und Talks über ihre Arbeit berichten und darüber, wie künstliche Intelligenz heute genutzt werden kann. Es ist auch ein Vertreter der Firma Good-AI anwesend, die auf kommerzieller Basis arbeitet, aber versucht, künstliche Intelligenz zum Nutzen der Menschen zu erforschen und zu nutzen. Diese Diskussionen und Talks finden am ersten Tag dieses zweitägigen Festivals statt, also am 18.April.

Und was passiert am zweiten Tag?

„Am 19. April wird es wieder einen Startup-Pitch geben. Dazu haben wir tschechische Startups aus dem Digitalbereich eingeladen, die sich und ihre Arbeit vorstellen. An beiden Tagen, also am 18. und 19. April wird auch eine besondere digitale Ausstellung bei uns zu sehen sein, und zwar die Czech Innovation Expo, die sich auch am 18. April am frühen Abend bereits vorstellt. Bei der Expo wird die Geschichte der tschechischen Wissenschaft und Erfindungen der letzten 100 Jahre in digitaler Form präsentiert. Dort kann man sich also Virtual-Reality-Brillen ausborgen. Es gibt einen Touchscreen und Tablets, mit denen man in unserer Galerie alles über 100 Jahre tschechische Erfindungen erfahren kann. Aber auch hier der Hinweis: Alle Veranstaltungen und Präsentationen finden auf Englisch statt.“

Für den April sollten wir auch noch auf einen weiteren tschechischen Film hinweisen, der in Berlin zu sehen sein wird. Er läuft in der Reihe „Bruderkuss – Vision und Alltag im Sozialismus“…

Streifen ‚Vlk z Královských Vinohrad‘  (Foto: Masterfilm)
„Das ist eine Reihe, die das Filmfestival Cottbus bundesweit organisiert hat. In dieser Reihe werden Filme gezeigt, die sich mit sozialistischen Realitäten auseinandersetzen. Das waren bisher zu einem großen Teil Filme, die von den 1950er bis in die 1980er Jahre entstanden sind. Dort sind auch einige filmische Schätze gehoben worden. Der Film, der nun zum Abschluss gezeigt wird, im Kino Brotfabrik am 26. April, das ist der tschechische Streifen ‚Vlk z Královských Vinohrad‘ oder ‚The Wolf From Royal Vineyard Street‘ von Jan Němec. Dieser Streifen ist noch nicht so alt, er kam 2016 heraus und ist der letzte Film dieses großen tschechischen Regisseurs. Jan Němec erinnert sich darin an sein eigenes Leben. Er mischt Fiktion und Realität, tritt dort nicht selbst auf, sondern hat sich mit dem Schauspieler Jiří Mádl besetzt. Seine Stimme spricht wiederum Karel Roden. In dem Film erinnert Jan Němec an das Jahr 1968, an die Filmfestspiele in Cannes. Bei diesen hatten die tschechischen Regisseure Aussicht auf drei große Preise und waren sehr erzürnt, als linke Intellektuelle um Jean Luc Godard den Abbruch der Filmfestspiele erzwangen. Dies geschah aus Solidarität mit dem Studentenunruhen in Frankreich.“

Wir kommen in den Mai. Und da gibt es bei Ihnen elektronische Musik von Never Sol. Wer verbirgt sich hinter dem Namen?

Never Sol ist ein tschechisches Wunder in der aktuellen Musikszene.“

„Never Sol heißt mit bürgerlichem Namen Sára Vondrášková. Sie ist eine junge tschechische Sängerin, die außerordentlich erfolgreich ist, so ein tschechisches Wunder in der aktuellen Musikszene, könnte man sagen. Sie hat eine sehr charismatische Stimme, und die wurde auch auf internationalen Festivals von Groningen bis Tokio geschätzt. Never Sol hat im Jahr 2013 ihr Debütalbum veröffentlicht. Das hat damals Jan P. Muchow produziert, ein bekannter Name in der tschechischen Musikszene. Jetzt im Mai 2018 wird ihr neues Album erscheinen. Deshalb freuen wir uns sehr, dass sie am 4. Mai bei uns in der Galerie des Tschechischen Zentrums zu Gast sein wird. Erwähnen möchte ich auch, dass sich am gleichen Abend vorher ein neues Musikprojekt aus Prag vorstellen wird, und die „Synth Library“. Dieses Projekt ist von Frauen ins Leben gerufen worden. Am 8./9. Mai wird diese Bibliothek der besonderen Art in Prag eröffnet. Dort kann man sich mit neuer Musik beschäftigen oder an Workshops teilnehmen, bei denen man alles Mögliche lernen kann über Instrumente. Und es wird dort, wie man es von einer Bibliothek auch erwartet, Bücher zur Musik geben.“

Derzeit ja gerade die Frage sehr aktuell, was in Europa denn der Zusammenhalt ist. Unter anderem darüber werden sich bei Ihnen im Zentrum am 9. Mai mehrere Gäste unterhalten. In welchem Zusammenhang steht die Veranstaltung, und was ist konkret geplant?

„Diese Veranstaltung hat den Titel ‚Die Neuerfindung Europas‘ und findet am Berliner Europatag statt. Diese Diskussionsrunde ist ein Projekt der EUNIC Berlin, also der Europäischen Kulturinstitute in Berlin, und wird veranstaltet von Tschechischen Zentrum, vom Institut Français, vom Finnland-Institut in Deutschland und von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa in Berlin. Wir werden Gäste aus Berlin, Prag, Finnland und Frankreich haben. Sie alle werden über 100 Jahre Europa diskutieren. Beginnen werden sie bei der Neudefinierung Europas, die vor 100 Jahren begonnen hat, und enden im Heute bei Fragen der europäischen Integration. Unter den Gästen ist auch die tschechische EU-Expertin und ehemalige Botschafterin bei der EU, Milena Vicenová. Zu dieser Veranstaltung kann man ohne vorherige Anmeldung kommen, man sollte aber wissen, dass auch hier in englischer Sprache diskutiert wird.“

Autor: Till Janzer
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