Finanzminister Kalousek in Washington für seine Politik geehrt, in Prag für eine Ohrfeige kritisiert

Miroslav Kalousek mit seinem Preis (Foto: ČTK)

Es war das Wochenende des Finanzministers. Der Vizevorsitzende der Partei Top 09, Miroslav Kalousek, sorgte für Schlagzeilen: In Washington wurde ihm von der renommierten Zeitschrift Emerging Markets der Titel „Finanzminister des Jahres“ verliehen. Zugleich war er zuhause massiv in der Kritik: Er hatte vor dem Parlament einen jungen Mann geschlagen, der ihn beleidigt hatte.

Miroslav Kalousek mit seinem Preis  (Foto: ČTK)
Festliche Atmosphäre im Hotel Willard an der Pennsylvania Avenue, einer der besten Adressen Washingtons. In einem Salon des 1818 erbauten Hotels verleiht das Finanzmagazin „Emerging Markets“ wie jedes Jahr einen Preis an den Finanzminister des Jahres. Im Jahr 2011 heißt er, wie schon im Jahr 2008, Miroslav Kalousek. Das Magazin erwählte den tschechischen Finanzminister, da es ihm gelungen sei, die Stellung der Tschechischen Republik auf den internationalen Finanzmärkten zu festigen. Kalousek selbst sah die Verleihung als Erfolg der gesamten Reformpolitik der Regierung:

„Es ist selbstverständlich eine Auszeichnung für die Finanzpolitik eines Landes, das etwas unternimmt. Diese internationalen Finanzfachleute zeichnen eine Politik aus, die die Sicherheit ihrer Bürger gewährleistet – im Gegensatz zur Politik jener Staaten wie Griechenland, die die Bürger in Schwierigkeiten bringt. Das ist für mich eine große Genugtuung.“

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Kalousek nutzte die Verleihung auch direkt, um neue Kürzungen und Steuererhöhungen anzukündigen, sollte das Wirtschaftswachstum nicht die erwartete Höhe erreichen.

Der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten, Bohuslav Sobotka, bezeichnete die Verleihung des Preises an Kalousek als „absurd“. Die großflächigen Kürzungen gefährden seiner Meinung nach die Sicherheit der Bürger, den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft und die künftige Konkurrenzfähigkeit des Landes. Im Parlament griff Sobotka den Finanzminister aber aus anderen Gründen an:

„Ich beantrage Personenschutz für den Finanzminister: aber nicht, um den Finanzminister vor den Bürgern zu schützen, sondern um die Bürger vor den physischen Angriffen des Ministers zu schützen.“

Illustrationsfoto
Hintergrund dieser Worte ist ein Ereignis vom Mittwoch vergangener Woche: Kalousek hatte einem jungen Mann vier Ohrfeigen verabreicht, der ihn in der Nähe des Abgeordnetenhauses in Prag äußerst vulgär beleidigt haben soll. Der Finanzminister bestätigte den Vorfall:

„Dieser Bengel im Alter meines Sohns war zu mir frech, er hat mich beleidigt und gedroht, mich zu erhängen. Und da hat er die Antwort bekommen, die in Zukunft jeder Bengel bekommt, der mich beleidigt und mir mit Erhängen droht.“

Gegenüber Premier Nečas bezeichnete Kalousek die Ohrfeigen als ein immer noch äußerst wirksames pädagogisches Instrument. Der Premier aber scheint eine andere Vorstellung von Pädagogik zu haben:

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Der Finanzminister strebt zwar den Titel ´Finanzminister des Jahres` an, sicherlich aber nicht den Titel ´Pädagoge oder Lehrer des Jahres`.“

Generell zeigte sich Nečas beunruhigt über seinen Finanzminister und bescheinigte ihm in letzter Zeit eine große Müdigkeit, die sich durch Ungehaltenheit und verbale Aggressivität äußere. Nach seiner Rückkehr aus den USA erwartete den Finanzminister ein Termin bei der Polizei, wo er sich für seine „pädagogische Maßnahme“ erklären musste. Laut dem Tschechischen Fernsehen habe die Polizei den Zwischenfall auf Video aufgezeichnet.