Finanzminister Mertlik konnte sich nicht durchsetzen und trat zurück
Zum Anhören des folgenden Beitrags im Format Real Audio klicken Sie bitte hier: Der tschechische Finanzminister Pavel Mertlik trat am Dienstag überraschend zurück. Seinen Schritt begründete er damit, dass es ihm monatelang nicht mehr gelungen sei, seine Entwürfe im Kabinett durchzusetzen. Die Wirtschaftsexperten befürchten, Mertliks Rücktritt könnte zu einer Verlangsamung der Privatisierung der Gas- und Energieproduzenten führen. Martina Schneibergova fasst zusammen:
Seinen Rücktritt kündigte der Finanzminister zwei Tage nach dem Parteikongress der Sozialdemokraten an, auf dem eine neue Parteiführung gewählt wurde. Mertlik selbst bemühte sich noch am Wochenende erfolglos um den Posten eines der CSSD-Vizechefs. Der unmittelbare Grund für den Rücktritt war offensichtlich eine Auseinandersetzung innerhalb des Kabinetts um die Privatisierung der Energieversorger. Der 40-jährige Mertlik, der seit 1999 im Amt war, konnte sich - wie er selbst einräumte - schon seit einiger Zeit nicht mehr gegen Industrie- und Handelsminister Miroslav Gregr durchsetzen. Die Auseinandersetzung zwischen Gregr und Mertlik folgte eigentlich aus dem Alter der beiden Minister. Der Kommentator des Senders Freies Europa, Radko Kubicko, betonte am Mittwoch im Gespräch für das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen, Mertlik ist ein Ökonom der jüngeren Generation. Er sei - so der Kommentator - links orientiert, aber seine Konzepte seien liberaler als die des Industrieministers. Kubicko fügte hinzu:
"Es geht aber nicht so sehr um das Linke oder das Rechte, sondern eher um bestimmte Bindungen aus der Vergangenheit. Minister Gregr orientiert sich auf die halbstaatlichen und staatlichen Monopolgesellschaften und hat viele Kontakte aus der Vergangenheit. Er versteht es gut, sich den entscheidenden Strukturen anzuschließen. Seine Stellung innerhalb der CSSD ist stark, auch wenn er kein Parteiamt innehat."
Der Rücktritt des Ministers wirkte sich sofort auf den Finanzmarkt aus. Petr Zahradnik, Finanzanalytiker der Gesellschaft Conseq Finance, stellte fest, die ersten Reaktionen seien schockierend gewesen. Aktien, die irgendwie mit der Privatisierung zusammenhingen, sowie Schuldbriefe seien - so der Analytiker - drastisch gesunken. Als die Informationen am Tagesende ausgewertet wurden, waren die Änderungen auf dem Finanzmarkt jedoch nicht so bedeutend, meinte Zahradnik. Zu den langfristigen Auswirkungen des Rückritts des Finanzministers bemerkte er, der Verlauf der Privatisierung werde verlangsamt. Es gehe Zahradnik zufolge aber auch um das Image der Tschechischen Republik im Ausland: "Ich habe das Gefühl, das Pavel Mertlik ein guter Unterhändler mit der EU war. Es wird schwer sein, einen ähnlich qualifizierten und fähigen Menschen im Rahmen der sozialdemokratischen Partei zu finden."
Mertliks Rücktritt rief auf der tschechischen politischen Szene widersprüchliche Reaktionen hervor. Präsident Vaclav Havel erklärte am Dienstagabend, noch keine offiziellen Gespräche mit Zeman oder Mertlik geführt zu haben. Die Nachricht über den Rücktritt sei jedoch keine gute. Abgeordnetenchef Vaclav Klaus meinte, Mertlik habe zahlreiche Fehler begangen und seiner Meinung nach gebe es ausreichend Gründe für den Rücktritt des Finanzministers.