Findige Bestatterin verarbeitet Asche von Verstorbenen in Gemälden
Anders als in Deutschland gibt es in Tschechien keinen Friedhofszwang. Das heißt: Im Falle einer Kremation können die Angehörigen selbst entscheiden, was mit der Asche des Verstorbenen passiert. Ein Beerdigungsinstitut in Litvínov / Leutensdorf bietet nun eine besondere Dienstleistung an. Die sterblichen Überreste werden in farbenfrohe Gemälde eingearbeitet. Radio Prag International hat sich auf den Weg gemacht und bei dem innovativen Bestatter vorbeigeschaut.
Betritt man das Ladengeschäft von Jana Žitná im Zentrum von Litvínov, sieht es dort aus wie wohl in vielen Bestattungsinstituten: In einem Regal stehen in Reih und Glied einige Urnen, auf dem Tisch steht den Trauernden ein Spender mit Papiertaschentüchern zur Verfügung. Ins Auge stechen vor allem aber die Bilder an der Wand. Sie sind bunt und schillern eigenartig im Gegenlicht. Und wenn man nah genug an sie herantritt, erkennt man einzelne weißgraue Partikel darin – die Asche von Verstorbenen. Seit dem vergangenen Jahr bietet Jana Žitná ihre besondere Dienstleistung an, bei der sie die Asche von verstorbenen Menschen oder Tieren in Gemälde integriert.
„Die Idee dazu kam, als ich einen Burnout hatte. Ich dachte sogar darüber nach, im Bestattungswesen aufzuhören und etwas ganz anderes zu machen. Zugleich hatte ich den Wunsch, eine Innovation in diese Branche zu bringen. In meiner Freizeit male ich oft, um einen klaren Kopf zu kriegen. Also kam mir die Idee, die Malerei mit den Bestattungen zu verbinden.“
Gemälde nach den Wünschen der Hinterbliebenen
Jana Žitnás sonderbare Gemälde sind in Tschechien erlaubt, da hierzulande kein Friedhofszwang gilt. Das heißt: Im Falle einer Einäscherung erhalten die Hinterbliebenen die sterblichen Überreste ihres Angehörigen ausgehändigt und können damit im Grunde genommen tun und lassen, was sie wollen. Oftmals stehen die Urnen in den Anrichten oder Regalen daheim. Doch Jana Žitná missfiel das triste Dasein der Urnen – und entwickelte deshalb ihre Alternative.
Rund 40 Gramm Asche entnimmt die Bestatterin aus dem Gefäß. Anschließend vermischt sie sie entweder mit Acrylfarben und trägt das Gemisch dann auf die Leinwand auf. Oder sie malt zuerst das Gemälde und streut die Asche anschließend darüber.
„Man kann die Asche auch deutlicher sichtbar machen, das hängt nur von der Verwendung des Siebes ab. Ich kann also feinen Staub erzeugen, den ich dann mit der Farbe vermische und der am Ende gar nicht zu erkennen ist. Oder ich verwende ein gröberes Sieb, dann ist die Körnung größer. Alles hängt ganz von den Wünschen der Kunden ab. Manche wollen, dass die Asche zu sehen ist. Anderen wiederum ist das unangenehm, und sie wollen, dass die Asche verarbeitet wird, aber nicht sichtbar ist.“
Ehrung als Unternehmerin des Jahres
Ihre Technik verwendete Žitná zunächst für private Bilder. So verarbeitete sie in einem Gemälde die Asche ihres Bruders und ihres Hundes. Das Gemälde zeigt ein goldglänzendes Herz auf rotem Grund, verwoben mit einer liegenden Acht als Symbol für die Unendlichkeit.
„Natürlich denkt man immer an seinen Hund oder einen geliebten Menschen zurück. Aber wenn man das Bild jeden Tag vor Augen hat, ruft das ganz andere Erinnerungen hervor, als wenn nur eine Urne im Regal steht oder man auf den Friedhof geht. Denn dann erinnert man sich eher sporadisch.“
Auch bei ihren Klienten seien die Aschegemälde bald auf Anklang gestoßen, schildert Žitná:
„Natürlich gibt es auch Leute, denen dieses Verfahren nicht gefällt oder denen es morbide erscheint. Aber das ist ja immer so. Für mich war ausschlaggebend, dass die Idee bei den meisten Menschen gut ankam.“
Und zu diesen Befürwortern zählte ebenso die Jury, die Jana Žitná 2023 zur Unternehmerin des Jahres im Kreis Ústí nad Labem / Aussig gewählt hat. Die Bestatterin hat ihre Technik mittlerweile auch beim tschechischen Patentamt schützen lassen. Ein ganz großer Boom um die Aschegemälde sei bisher aber noch nicht eingetreten, sagt Žitná – und ist darüber auch ein wenig froh. Denn so könne sie sich für ihre Werke die Zeit nehmen, die es brauche:
„Wenn ich gerade nicht in der Stimmung bin zu zeichnen oder zu malen, dann lasse ich es bleiben“, so Žitná, die ihr Bestattungsinstitut in Litvínov seit 17 Jahren betreibt.
Asche in Feuerwerksraketen oder Kettenanhängern
Neben Žitnás Gemälden gibt es in Tschechien noch viele weitere Formen der Bestattung. Naturbeisetzungen etwa werden immer häufiger. Neben der Seebestattung kann die Asche des Verstorbenen zudem auch auf einer Wiese verstreut oder mit einer Feuerwerksrakete in den Nachthimmel geschossen werden. Žitná bietet zudem sogenanntes Gedenkglas an. Aschepartikel werden dabei in einen Glaskörper eingearbeitet. Manch einer trägt einen Teil des Verstorbenen auch in einer Kette um den Hals.
ZUM THEMA
In Deutschland hingegen herrscht Friedhofszwang, und der ist dann auch einer der Gründe dafür, warum Žitná mit ihrer Technik noch nicht ins Nachbarland expandiert ist. Dass das deutsche Bestattungswesen im Vergleich zum tschechischen in den meisten Aspekten viel konservativer funktioniert, ist für Žitná oft nicht zu verstehen:
„Einmal hatten wir einen Kunden, der nach einem weiteren Todesfall erneut auf uns zukam. Denn er hatte Verwandte in Deutschland, die gestorben waren und dort eingeäschert wurden. Er bat uns, dabei zu helfen, die Urne nach Tschechien zu bekommen. Das war ein irrer Prozess. Denn weder er durfte die Urne dort abholen, noch wir. Stattdessen musste das örtliche Bestattungsunternehmen aus Deutschland die sterblichen Überreste zu uns bringen. Obwohl der Hinterbliebene anwesend war, übergaben sie die Urne nicht ihm, sondern uns. Erst als die Bestatter aus Deutschland wieder weg waren, konnten wir dem Herrn die Urne überlassen.“
In ihrem Bestattungsinstitut in Litvínov würde rund die Hälfte der Kunden, die eine Feuerbestattung wählen, die Urne zuhause behalten oder die Asche verstreuen, berichtet die findige Unternehmerin. Die andere Hälfte der Urnen komme unter die Erde. Klassische Erdbestattungen in einem Sarg machen bei Jana Žitná nur rund fünf Prozent aller Bestattungen aus – was in etwa dem tschechischen Gesamtdurchschnitt entspricht.