Flagschiff der Tschechischen Bahnen fährt in die roten Zahlen
Sie sind der Stolz der Tschechischen Bahnen (ČD): Die Triebzüge mit dem klingenden Namen „Pendolino“. Seit einigen Jahren fahren sie von Prag nach Ostrava / Ostrau, Wien und Bratislava / Pressburg. Hohe Reisegeschwindigkeiten und ein besonderer Service an Bord sollen Kunden in die Züge locken und der Bahn die erhofften Einnahmen bringen. Doch die Realität sieht anders aus: Anschaffung und Betrieb der Züge kosten weit mehr als sie bringen. Das Minus beträgt Hunderte Millionen Kronen im Jahr.
Bis zu sechs Mal pro Tag und Richtung fahren die Pendolino-Züge zwischen Prag und der drittgrößten Stadt Tschechiens, der Industriemetropole Ostrau / Ostrava. Zweimal täglich geht es nach Wien und einmal nach Bratislava / Pressburg. Auf der Strecke Prag – Ostrau beträgt die Auslastung dieser „SuperCity“-Züge rund 70 Prozent. An den Wochenenden sind oft alle Sitzplätze ausverkauft. Richtung Wien bleiben hingegen durchschnittlich sechs von zehn Sitzplätzen unbesetzt. Trotz eines besonderen Zuschlags zum Fahrpreis in der Höhe von bis zu 200 Kronen (8 Euro) fahren die Pendolino-Züge so pro Jahr mehr als eine halbe Milliarde Kronen (18 Millionen Euro) Verlust ein.
„Etwa 200 Millionen kostet die Wartung, 200 bis 250 Millionen die jährliche Abschreibung und 100 Millionen Kronen machen Zinsen aus", erläutert Pavel Nevický, Finanzexperte bei den Tschechischen Bahnen.
Im Gegensatz zu den übrigen Zügen werden die Supercities nicht vom tschechischen Staat subventioniert. Die ČD tragen das volle wirtschaftliche Risiko. Insgesamt 4,5 Milliarden Kronen (167 Millionen Euro) hat die Anschaffung der sieben Triebzüge die Tschechischen Bahnen gekostet. Seit ihrer Inbetriebnahme im Jahr 2005 stehen die Züge im Dauereinsatz. Und dies schlägt sich wiederum in hohen Wartungskosten nieder: Alle 1,2 Millionen Kilometer steht eine kostspielige Hauptrevision an.„Der Pendolino ist ein supersicherer Zug. Aber die regelmäßig vorgeschriebenen Wartungsarbeiten kosten auch superviel Geld“, betonte der Sprecher der ČD, Ondřej Kubala im Tschechischen Fernsehen.
Hinzu kommt, dass die Pendolino-Züge nicht so eingesetzt werden können wie ursprünglich geplant: Bevorzugt sollten sie nämlich zwischen Berlin, Prag und Wien unterwegs sein. Dafür wurden sie für viel Geld an die unterschiedlichen technischen und rechtlichen Gegebenheiten in den Nachbarländern angepasst. Doch die Deutsche Bahn lehnt den Einsatz der Züge auf ihrem Netz ab, offiziell wegen zu geringer Sitzplatzanzahl. Dabei könnten die Pendolino-Triebzüge die Fahrzeit zwischen Wien und Berlin um weit mehr als eine Stunde verkürzen: Der zeitraubende Lokomotivwechsel in Prag und Dresden könnte endlich entfallen und dank ihrer aktiven Wagenkastenneigung könnten sie auf den kurvenreichen Streckenabschnitten wertvolle Minuten gutmachen. Außerdem brächten die höheren Fahrpreise im internationalen Verkehr den ČD weit mehr Einnahmen.
Nun soll eine Expertengruppe über die Zukunft der Züge entscheiden. Bereits jetzt versucht man, mit speziellen Angeboten mehr Fahrgäste in die Züge zu bringen: Auf der Strecke nach Wien gibt es Sonderpreise: Ein Tagesausflug in die österreichische Hauptstadt ist bereits ab 19 Euro zu haben. Und jeden Donnerstag wird den Fahrgästen in der ersten Klasse Sushi serviert.