Flüchtlingspolitik: Tschechien intensiviert Grenzkontrollen in Reaktion auf Polen

Grenzkontrollen

Am Mittwoch hat die tschechische Polizei stichprobenartige Kontrollen an der Grenze zur Slowakei aufgenommen. Dabei liegen die Flüchtlingszahlen hierzulande längst nicht so hoch wie vor einem Jahr. Warum wurde dennoch zu der Maßnahme gegriffen?

An der Grenze zur Slowakei kontrollieren erneut tschechische Polizisten. Ihr Ziel: illegale Migranten und die Schlepper zu stoppen. Ondřej Moravčík ist Sprecher des tschechischen Polizeipräsidiums:

Ondřej Moravčík | Foto: Tschechisches Fernsehen,  ČT24

„Wir arbeiten mit der Fremdenpolizei zusammen. Insgesamt sind wir an 27 Grenzübergängen zur Slowakei präsent. Für die Kontrollen konzentrieren wir uns auf ausgewählte Fahrzeuge. Dabei nutzen wir die Erfahrungen unserer Experten zur Bekämpfung des Schlepperwesens. Unser Ziel ist aber sicher nicht, den gängigen, täglichen Grenzverkehr zu behindern.“

Noch am Mittwoch, dem ersten Tag der Kontrollen, griffen die Polizisten in den drei Kreisen Mährisch-Schlesien, Zlín und Südmähren über 50 Flüchtlinge auf. Diese kamen vor allem aus Syrien. Tschechien liegt auf der sogenannten Balkanroute, über die vor allem Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten versuchen, illegal in die EU zu kommen.

Schon im September vergangenen Jahres hatte Tschechien vorübergehend Kontrollen an der Grenze zur Slowakei eingeführt. Sie liefen erst im Februar dieses Jahres aus. Allerdings liegen derzeit die Flüchtlingszahlen längst nicht so hoch wie damals. Im Kreis Südmähren wurden dieses Jahr bisher 1024 illegale Migranten gestoppt.

Foto: Václav Šálek,  ČTK

„Wenn wir dies mit demselben Zeitraum des vergangenen Jahres vergleichen, dann liegt die Zahl nur bei einem Neuntel. Von Januar bis September 2022 hatten wir 9380 illegale Migranten aufgegriffen. Bei den Schleppern ist das Verhältnis jedoch umgekehrt. Von ihnen hatten wir im vergangenen Jahr zu dieser Zeit insgesamt 76 vorläufig festgenommen, und dieses Jahr sind es bereits 91. Das bedeutet einen Anstieg um rund 20 Prozent“, so Petr Vala, Sprecher der Polizei im Kreis Südmähren.

Dass trotz der deutlich geringeren Flüchtlingszahlen erneut die Grenzkontrollen zur Slowakei eingeführt wurden, ist eine Kettenreaktion. Denn Polen hat nach Absprache mit Deutschland bei sich zuerst zu diesem Mittel gegriffen. Tschechiens Innenminister Vít Rakušan (Stan) erläuterte in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Vít Rakušan | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

„Wenn Polen nicht diese Entscheidung getroffen hätte, würden wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Grenzkontrollen erneuern. Ganz logisch ist aber, dass sich in dem Moment, da an der polnisch-slowakischen Grenze kontrolliert wird, die Flüchtlingsströme in unsere Richtung wenden werden.“

Eigentlich habe Tschechien sowohl mit Berlin als auch mit Bratislava eine andere Lösung gefunden, ergänzte Rakušan…

„Uns als Tschechische Republik, und da stehe ich zu meinen Worten aus der vergangenen Woche, ist es gelungen, die Lage unter Kontrolle zu halten – durch Maßnahmen zusammen mit der deutschen Seite, gute Gespräche mit der deutschen Innenministerin sowie der Kooperation mit der Slowakei.“

Die jetzigen Maßnahmen gelten vorerst bis 13. Oktober. Aber auch im vergangenen Jahr verlängerte die Regierung in Prag die Grenzkontrollen mehrere Male. Das wollte der Innenminister auch diesmal nicht ausschließen:

„Logischerweise werden wir die Zahlen illegaler Migranten auswerten, die nach Tschechien kommen. Das ist unser Hauptkriterium für weitere Entscheidungen“, so Vít Rakušan.

Autor: Till Janzer | Quellen: ČTK , Český rozhlas
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