Forschung oder Familie?
Nur wenige Frauen sind in der tschechischen Wissenschaft beschäftigt. Das liegt auch an den Mutterschaftsreglungen.
„Bereits in der Grundschule und in der Sekundarstufe haben mich Naturwissenschaften begeistert. Dann habe ich Chemie studiert wie mein Vater. An der Uni habe ich zunehmend Spaß an der Forschung gehabt und wusste, dass ich damit weitermachen wollte.“
Hana Cahová leitet an der tschechischen Akademie der Wissenschaften ein Team, das die Eigenschaften der Ribonukleinsäure erforscht. Diese Säure, kurz RNA, kann unterschiedliche Funktionen haben – so überträgt sie beispielsweise genetische Informationen oder setzt diese Erbinformationen in Proteine um.
Zum größeren Rätsel wurde für Cahová jedoch die eigene Lebensplanung.
„Als ich zum ersten Mal schwanger wurde, bekam ich das Gefühl, dass mit mir als Wissenschaftlerin nicht mehr gerechnet wird. Dass ich die Familie der Forschung vorgezogen hätte. Dabei hat das überhaupt nicht gestimmt, ich wollte eben auch Kinder haben.“
Geschichten wie die der jungen tschechischen Forscherin haben die Unesco dazu inspiriert, einen Internationalen Tag von Mädchen und Frauen in der Wissenschaft auszurufen. Er ist am Sonntag nun zum vierten Mal begangenen worden.
Welche Schwierigkeiten Frauen in der Forschung hierzulande haben, das zeigt sich auch in der Statistik. Die Soziologin Marcela Linková beschäftigt sich an der Akademie der Wissenschaften mit Gender-Forschung:
„Der Anteil von Frauen bei wissenschaftlichen Mitarbeitern an Forschungsinstitutionen beträgt etwa 26 Prozent. Es gibt da auch keine Bewegung in den letzten Jahren. Damit sind wir eine unrühmliche Ausnahme, denn in fast allen anderen EU-Staaten hat sich der Anteil erhöht. Wir schaffen es nicht, unser Potenzial an hochqualifizierten Frauen auszunützen. Denn in Master-Studiengängen liegt der Frauenanteil bei 58 Prozent und im Doktorstudium immer noch bei 40 Prozent.“
Einen wichtigen Grund sieht Marcela Linková in der tschechischen Mutterschaftsregelung:
„Bei uns ist der Standard, dass Mütter eine dreijährige Elternzeit nehmen. Das ist in der Wissenschaft aber praktisch nicht möglich. Die Chefs und Kollegen glauben dann, dass die Frau sich nicht genügend für die Forschung aufopfert. Falls die Wissenschaftlerin aber die Elternzeit früher beendet oder sogar nur in Mutterschutz geht, dann halten einen die Familie, aber auch die Kollegen und Kolleginnen für eine Rabenmutter.“
Hana Cahová hat mittlerweile zwei Töchter, die jüngere ist zweieinhalb Jahre alt. Nach der Stillzeit kehrte die Biochemikerin langsam zurück ins Forschungslabor.„Ich bin dann auch mit meinem Baby hierhergefahren, um wieder auf dem Laufenden zu sein, woran im Labor gerade gearbeitet wird. Dann habe ich ein Kindermädchen gefunden und konnte immer wieder einige Stunden kommen. Das hat die Rückkehr vereinfacht“, so Cahová.
Die Akademie der Wissenschaften wird mittlerweile von einer Frau geleitet, der Biochemikerin Eva Zažímalová. Sie möchte nun Forscherinnen mit Kindern besser unterstützen.