Fotostrojka - sowjetische Fotografie 1917 bis 1941
Alexander Rodschenko, Georgij Zelma, Abram Sterenberg - die Bilder dieser Sowjetfotografen sind den meisten Tschechen aus Büchern und Filmen sehr vertraut. Jetzt werden ihre Fotografien und die von elf weiteren Fotofrafen unter dem Titel "Fotostrojka. Sowjetische Fotografie 1917-1941" im Prager Rathaus ausgestellt. Und dass die Stars der Avantgarde auch heutzutage noch faszinieren - darauf lässt zumindest der enorme Zuspruch bei der Vernissage schließen. Renate Zöller war dabei.
Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war eine der Umwälzungen, politisch wie kulturell. In der Sowjetunion waren diese beiden Pole besonders eng verknüpft: Die politische Revolution ging mit der Avantgarde in Kunst und Literatur einher. Gerne stellten sich die meisten Künstler in den Dienst der Sache, auch noch zu einem Zeitpunkt, als Stalin diese längst pervertiert hatte. David Kopecky von der Ausstellungsorganisation möchte die Bilder vor allem als Zeitzeugen verstanden wissen:
"Das ist eine historische Ausstellung, das sind Dokumentarfotografien. Es geht vor allem um diesen Aspekt, auch wenn die Bilder teilweise vor allem einen künstlerischen Charakter haben. Wichtig ist, und das haben wir in den Untertiteln festgehalten, dass der Großteil der Fotografien im Auftrag des Staates gemacht wurden, das ist staatliche Propaganda. Die Bilder zeigen nicht das Leben, wie es wirklich zu diesem Zeitpunkt war, sondern sie sind Dokumente dafür, wie die Sowjetunion dieses Leben nach außen präsentieren wollte. Die Bilder wurden in Zeitschriften veröffentlicht, zur Information und Agitation über den Lebensstandart und Lebensstil in den einzelnen Teilen der Sowjetunion. Einerseits im eigenen Land andererseits auch im Ausland, in Westeuropa."
Viele Fotografen glaubten an den Sozialismus und wollten ihn mit ihrer Kunst auch anderen Menschen näher bringen. Die Ausstellung spiegelt diese Begeisterung wieder. Alexej Fedotov, russischer Botschafter in Prag, erklärt das Widersprüchliche daran:
"Das war eine beeindruckende Zeit, wirklich faszinierend etwa was die Kunst zum Beispiel in Russland betrifft und ohne Zweifel auch was den Enthusiasmus betrifft. Und auf der anderen Seite steht diese Zeit für die Geburt und den Aufbau der dramatischsten politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts."
Die Bilder waren aber nicht nur einfach Propagandamaterial, vor allem zeigen sie, wie eine Generation von Fotografen alle Möglichkeiten des Genres auszuschöpfen versuchte. Einer der Gäste der Vernissage war Karel Cudlin, der selbst zu den bekanntesten tschechischen Fotografen zählt:
"Ich kenne die meisten dieser Bilder, sie wurden in der Tschechoslowakei während des Kommunismus oft veröffentlicht. Das sind sehr klassische Bilder der russischen Avantgarde und viele von ihnen sind hervorragend. Viele dieser Fotografien und auch der avantgardistische Film waren zu dieser Zeit Neuheiten. Das ist natürlich das, was mich am meisten an dieser Ausstellung interessiert und auch einfach, endlich einmal die Bilder im Original zu sehen, die ich nur als Abdrucke kenne."
Die Ausstellung im Prager Rathaus auf dem Alstädter Ring (Starosmestske namesti) ist noch bis zum 3. Mai zu sehen.