Französischer Impressionismus im Kinský-Palais

Foto: Nationalgalerie Prag / Ordrupgaard-Museum

Meisterwerke französischer Impressionisten sind noch bis zum Herbst in Prag zu sehen. Die Ausstellung wird im Kinský-Palais in der Altstadt gezeigt, das zur Prager Nationalgalerie gehört. Die Sammlung stammt aus dem Ordrupgaard-Museum im dänischen Charlottenlund. Sie wurde ursprünglich vom dänischen Mäzen Wilhelm Hansen zusammengetragen und stellt eine der gediegensten Kollektionen französischer Impressionisten in den nordischen Ländern dar.

Foto: Nationalgalerie Prag / Ordrupgaard-Museum

Bevor sie nach Prag kam, war die Sammlung französischer Impressionisten aus dem Ordrupgaard Museum bereits in Galerien in Ottawa, Paris und im schweizerischen Martigny zu sehen. Die Kollektion wird seit einigen Jahren als Wanderausstellung verliehen. Das Museum in Charlottenlund bei Kopenhagen, zu dessen Beständen sie gehört, wird derzeit renoviert. Die Anordnung der Bilder gestalten jeweils Kuratoren des Leihgebers zusammen mit Kollegen vor Ort. In Prag war die Kunsthistorikerin Petra Kolářová beteiligt:

Petra Kolářová  (Foto: Nationalgalerie Prag)
„Wir haben die 60 Bilder dieser Ausstellung nach einem eigenen Entwurf gruppiert und neue Begleittexte dazu verfasst. So hat man es noch überall gehalten, wo die Sammlung bisher gezeigt wurde. Das ist unser Eigenbeitrag zu diesem Projekt.“

Den Kern der Ausstellung bilden impressionistische Gemälde. Vertreten sind unter anderem Claude Monet, Auguste Renoir, Edgar Degas oder Alfred Sisley. Einige Gemälde haben entstehungsgeschichtliche Bezüge zu Kunstwerken in führenden Pariser Museen.

„Zu den bedeutenden Werken der Ausstellung gehören einige Gemälde von Claude Monet, darunter ‚Die Brücke von Waterloo‘ aus dem Jahr 1903. Das Bild, das wir in unserer Ausstellung haben, ist eines aus einer ganzen Serie von Darstellungen dieses Motivs. Ein weiteres herausragendes Werk ist Auguste Renoirs Skizze ‚Le Moulin de la Galette‘ aus den Jahren 1895/96. Es ist die einzige Skizze zu diesem berühmten Gemälde, das im Musée d´Orsay hängt. Dann möchte ich noch das Gemälde ‚Gartenwinkel‘ von Camille Pissarro erwähnen. Es vermittelt die sommerliche Stimmung in einem Garten“, so Petra Kolářová:

Mäzen aus Dänemark

Foto: Nationalgalerie Prag / Ordrupgaard-Museum
Die Sammlung geht auf den dänischen Unternehmer Wilhelm Hansen zurück. Dieser arbeitete als junger Mann für die französische Versicherung La Populaire. Er kam daher Ende des 19. Jahrhunderts öfters nach Paris und fand dort Gefallen an der damals noch neuartigen Strömung des Impressionismus. Später gründete Wilhelm Hansen die dänische Volksversicherungsanstalt. Während des Ersten Weltkriegs und in den Jahren danach, als er zu Wohlstand gekommen war, machte er das Sammeln von Kunst zu seinem Hobby. Dabei stand ihm ein Berater zur Seite. Die Co-Kuratorin:

„Sein Berater war Théodore Duret. Dieser war selbst Kunstsammler und zugleich einer der Ersten, die den Impressionismus zu schätzen wussten. Er empfahl Hansen bestimmte Gemälde zum Ankauf. Aufgrund von Durets Empfehlung gelangte zum Beispiel das ‚Bildnis einer Frau‘ von Eugène Delacroix in Hansens Sammlung. Es ist ein Porträt der Schriftstellerin George Sand.“

Berthe Morisot,  1874  (Foto: Nationalgalerie Prag / Ordrupgaard-Museum)
Das „Bildnis einer Frau“ war ursprünglich als Teil eines Doppelporträts konzipiert. Das zweite Porträt zeigt Frédéric Chopin und befindet sich im Louvre. Delacroix war ein Vorläufer der Impressionisten. Dass er in der Sammlung vertreten ist, war durchaus gewollt. Denn Hansen habe die Impressionisten in einen breiteren kunsthistorischen Kontext gestellt, wie Kolářová erläutert:

„Wir haben hier im Grunde einen Querschnitt der französischen Malerei des 19. Jahrhunderts vor uns. Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut. In den ersten Sälen zeigen wir Bilder romantischer Maler, zum Beispiel Eugène Delacroix, und von Landschaftsmalern wie Camille Corot oder den Vertretern der Schule von Barbizon. Dann wird der Impressionismus in mehreren Sälen vorgestellt, und zwar nach einer thematischen Gliederung. Die postimpressionistische Malerei im letzten Abschnitt der Ausstellung ist vorwiegend durch Werke von Paul Gauguin vertreten.“

Stimmungsvolle Landschaften

Henri Matisse,  1909  (Foto: Nationalgalerie Prag / Ordrupgaard-Museum)
Die Schule von Barbizon wurde um 1830 von Théodore Rousseau gegründet. Sie vereinigte eine Gruppe von Landschaftsmalern, die sich im Dorf Barbizon am Rande des Waldes von Fontainebleau niederließen. Die Maler experimentierten damit, ein und dieselbe Landschaftsansicht zu zwei verschiedenen Tageszeiten darzustellen. Sie bildeten die Landschaften unmittelbar so ab, wie sie unter den wechselnden Lichtverhältnissen erschienen. Dadurch bereitete die Malerkolonie von Barbizon dem Impressionismus den Weg. Auf diesen bauten später die Postimpressionisten auf. Letztere hätten allerdings keine geschlossene Künstlergruppe gebildet, so die Co-Kuratorin.

„Der Postimpressionismus war keine einheitliche Richtung. Man versteht darunter mehrere ähnliche Malweisen, die sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts herausbildeten. Zu den Hauptvertretern des Postimpressionismus gehören Paul Gauguin, Paul Cézanne und Vincent van Gogh. Alle diese Maler entwickelten den Impressionismus auf unterschiedliche Weise weiter. Bei Paul Gauguin zum Beispiel ist eine Hinwendung zu satteren Farben, großflächiger Komposition und ausgeprägten Konturen zu beobachten, sodass seine Gemälde einen dekorativen Anstrich erhalten“, erläutert Kolářová.

Camille Pissarro,  1897  (Foto: Nationalgalerie Prag / Ordrupgaard-Museum)
Eine besondere Bewandtnis hat es mit Gauguins Gemälde „Die Kleine hat einen Traum. Eine Etüde“ aus dem Jahr 1881. Es ist ebenfalls in Prag zu sehen. Der Titel des Bildes thematisiert die verwandten Züge der Malerei und der Musik. Gauguin komponierte durch die Harmonie der Farben Musikalität in seine Gemälde hinein. Wilhelm Hansen erwarb dieses Bild nach dem Tod des Künstlers von dessen Witwe Mette, einer Dänin. Die Ausstellung im Kinský-Palais enthält aber auch einige Werke mit den bekannten Motiven aus der Bretagne und der Karibik. Sie stammen aus späteren Schaffensphasen, als sich Gauguin für das einfache Leben fern der modernen Zivilisation begeisterte.

Im „Studio der flüchtigen Augenblicke“ kann sich dann jeder Besucher selbst als Maler versuchen. Auf Bildschirmen werden Details von Gemälden veranschaulicht. Sie helfen herauszufinden, welches Zusammenspiel von Farben, welche künstlerische Handschrift und welche Strukturen das Licht und die Atmosphäre in der impressionistischen Malerei ausdrücken.

Die Ausstellung „Französischer Impressionismus. Meisterwerke aus der Sammlung des dänischen Ordrupgaard-Museums“ ist noch bis 13. Oktober zu sehen. Gruppenführungen auf Deutsch können mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf im Kinský-Palais bestellt werden.