Französisches Nein zur EU-Verfassung: Geteilte Reaktionen in Prag

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Diesmal haben sich die Meinungsforscher nicht geirrt: Wie vorhergesagt haben die Bürgerinnen und Bürger Frankreichs am Sonntag den EU-Verfassungsvertrag in einem Referendum abgelehnt. Mit etwa 55 Prozent Nein-Stimmen war das Ergebnis sogar noch klarer als erwartet. Wie es nun mit dem Ratifizierungsprozess und überhaupt mit der EU weitergeht, darüber wird nun in ganz Europa gegrübelt. Die ersten tschechischen Reaktionen fasst Gerald Schubert zusammen:

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Enttäuschung über die Nachricht aus Paris, gleichzeitig aber Zuversicht, dass die Institutionen der EU weiterhin funktionieren und der Ratifizierungsprozess fortgesetzt werden kann: Das ist der Tenor der Reaktionen aus dem Lager der sozialliberalen Regierungskoalition in Prag, die dem Verfassungsvertrag stets positiv gegenüberstand. Anlass zur Resignation sei das Abstimmungsergebnis in Frankreich jedenfalls nicht, meint etwa Premierminister Jirí Paroubek:

"Ich sage ganz offen: Dieses Ergebnis muss uns zu maximaler Aktivität anspornen! Nichts kommt von alleine!" so der Sozialdemokrat, der erst vor knapp zwei Wochen in Paris auf einem Treffen der französischen Sozialisten für den Verfassungsvertrag Stimmung gemacht hatte. Auch sein christdemokratischer Außenminister Cyril Svoboda sagt:

"Der Ratifizierungsprozess wird in jedem Fall weitergehen."

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Genau das klingt zunächst auch logisch. Die Signalwirkung des französischen Nein soll zwar nicht unterschätzt werden, und schon am Mittwoch könnte sich beim Referendum in den Niederlanden ein weiteres EU-Gründungsmitglied anschließen. Aber: Es gibt auch den Beschluss, dass der Europäische Rat über die weitere Vorgehensweise beraten soll, wenn mindestens vier Fünftel aller Staaten Ja zur Verfassung gesagt haben. Also müssen zunächst einmal alle Staaten zu Wort kommen, meint auch der tschechische EU-Kommissar Vladimír Spidla:

"Ich glaube, es ist sehr wichtig, ein Gesamtbild der Meinung in Europa zu haben und erst auf dieser Grundlage eine Entscheidung zu treffen. Dieses Gesamtbild haben wir aber noch nicht, und daher sind irgendwelche Hypothesen fehl am Platz."

Präsident Václav Klaus  (Foto: CTK)
Die oppositionellen EU-skeptischen Parteien Tschechiens, also die Kommunisten und die Demokratische Bürgerpartei ODS, sehen sich hingegen durch das französische Ergebnis bestätigt und fordern ein Ende des Ratifizierungsprozesses. Vor allem Präsident Václav Klaus, er ist auch ODS-Ehrenvorsitzender, war in letzter Zeit als einer der größten Kritiker der Verfassung aufgetreten. Dass die Franzosen zu einem großen Teil aus Sorge um ihre sozialen Errungenschaften mit Nein gestimmt haben, trübt die Freude des konservativen Klaus nicht: Es gebe eben eine zu große Kluft zwischen der europäischen Bürokratie und den europäischen Bürgern, meint Klaus. Das habe auch das Referendum in Frankreich gezeigt.

Tschechien ist übrigens das einzige EU-Mitgliedsland, in dem immer noch nicht klar ist, ob es überhaupt ein Referendum geben wird. Die Entscheidung in Frankreich hat die Unsicherheit über die weitere Vorgehensweise in Prag noch verstärkt.