Freiwilliger Fonds und höhere Steuern - Grundzüge der Rentenreform beschlossen

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Polen hat sie schon, Lettland oder Estland auch und ebenso die Slowakei. Die meisten postkommunistischen Länder haben bereits eine Rentenreform durchgeführt. In Tschechien wird seit 15 Jahren darüber nur geredet, manche Bürger können es schon nicht mehr hören. Mit ihrem starken Mandat ist die Regierung Nečas nun aber an der Arbeit. Am Donnerstag einigten sich die Minister der betroffenen Ressorts auf die Grundzüge einer Rentenreform.

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Es sind zwei grundsätzliche Entscheidungen, die die Minister getroffen haben. Die eine lautet: Ab 2013 entsteht neben der gesetzlichen Rentenversicherung ein kapitalgedeckter Fonds, und dieser Fonds ist freiwillig. Drei Prozent des Lohnes können dorthin aus der Sozialversicherung umgeleitet werden plus eines Eigenbeitrages von weiteren zwei Prozent des Lohnes. Arbeitnehmer über 35 Jahre müssen sich bis Ende 2012 definitiv entscheiden, ob sie den Fonds in Anspruch nehmen wollen oder nicht. Jüngere können sich auch noch später entscheiden. Die Freiwilligkeit des Rentenfonds ist dabei ein Zugeständnis. Ursprünglich wollte die Regierungskoalition diese kapitalgedeckte Zusatzversicherung verpflichtend vorschreiben. Arbeits- und Sozialminister Jaromír Drábek am Donnerstag im Tschechischen Fernsehen:

Jaromír Drábek
„Angesichts der Forderungen von Sozialdemokraten und Sozialpartnern bei unseren gemeinsamen Gesprächen haben wir Minister heute entschieden, dass die Freiwilligkeit sich eher eignet, die Reform langfristig zu stabilisieren. Das soll ausschließen, dass das System in ein paar Jahren wieder grundsätzlich geändert wird.“

Eine grundsätzliche Änderung, damit ist die Zurücknahme der Reform im Falle eines Wahlsiegs der derzeitigen Opposition gemeint. Doch die Sozialdemokraten sind trotzdem nicht überzeugt. Der Streitpunkt liegt bei der zweiten wichtigen Entscheidung vom Donnerstag. So soll der Mehrwertsteuersatz vereinheitlicht werden mit nur noch wenigen, klar definierten Ausnahmen. Dadurch werden zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr, Medikamente oder der Eintritt zu Kulturveranstaltungen teurer. Mit den Mehreinnahmen soll die Lücke in der Deckung der laufenden Rentenzahlungen geschlossen werden. Der Einheitsmehrwertsteuersatz liegt bei 20 Prozent, der reduzierte bei 10 Prozent. Wirtschaftsexperte Milan Urban von den Sozialdemokraten warnt:

„Wenn es zu einer deutlichen Teuerung von Grundlebensmitteln und Dienstleistungen kommt, dann wird das System vielleicht nicht attraktiv genug.“

Oder Klartext: Dann bleibt den Arbeitnehmern nicht genügend Geld in der Tasche für eine Zusatzversicherung. Das sei aber auch von den weiteren Details abhängig, so Urban. Bisher haben die Minister nur den Rahmen festgelegt. Genaue Berechnungen fehlen noch. In einer ersten Schätzung geht Finanzminister Kalousek davon aus, dass mit dem höheren Mehrwertsteuersatz umgerechnet rund 2,4 Milliarden Euro zusätzlich in seine Kassen gespült werden. Das ist mehr, als die Lücke in der Rentendeckung ausmacht. Der Rest solle wieder an einen großen Teil der Arbeitnehmer zurückfließen, wie Minister Drábek erläuterte:

„Mit den Mehreinnahmen sollen zum einen Familien deutlich stärker unterstützt und die Wirtschaft stimuliert werden über eine Reduktion der Lohnnebenkosten.“

Über das Reformkonzept muss auch noch die Regierung als Gesamtes abstimmen. Das soll am Mittwoch kommender Woche geschehen.

Autor: Till Janzer
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