Führungskräfte von Morgen - Wie die Uni Regensburg ihre "Besten" in Prag für die Wirtschaft fit macht.
Jahrelang stand der Begriff der Elite in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Index. Zu sehr erinnerte er an die Organisationsformen des dritten Reichs. Doch durch den Schock der PISA Studie und durch die Feststellung, deutsche Universitäten bilden zuviel Masse statt Klasse aus ist er wieder "en Vogue". Ganz offen fordern deutsche Bildungspolitiker staatliche Förderungen für herausragende Hochschulen, die sich dann Eliteuniversität nennen dürfen. Doch der geplante staatliche Förderbefehl ist für einige in der Wissenschaft überflüssig. Denn es gibt sie bereits, die Hochschulen die ihre studentischen Spitzenkräfte gezielt stärken. So zum Beispiel der wirtschaftswissenschaftliche Zweig der Uni Regensburg. Er bildet in einem speziellen Programm die Bosse von Morgen aus. Dabei kommen die Studierenden auch nach Prag. Denn hier lernen sie direkt an der Quelle am meisten über die neuen Märkte im erweiterten Europa. Unser freier Mitarbeiter Christoph Ullrich hat sich diese deutsch tschechische Elitenförderung genauer angesehen.
"Wir haben uns ganz deutlich zum Ziel gesetzt, die Führungskräfte von Morgen auszubilden, nicht nur in der Betriebswirtschaftslehre, sondern auch in der Volkswirtschaftslehre, sei es in den öffentlichen Ämtern oder bei den größeren Firmen. Durch die Idee des Programms kann man kommende Führungskräfte mit den gewünschten zusätzlichen Fähigkeiten ausstatten, was in den Massenstudiengängen so vielleicht nicht möglich ist."
Sagt Michael Dowling, Professor für Betriebswirtschaftslehre der Universität Regensburg, und Initiator des so genannten Honorsprogramms für Spitzenstudenten der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Seit fast zwei Jahren bildet die Uni ihre Spitzenstudenten gezielt aus. Daraus sollen dann die Wirtschaftschefs von Morgen erwachsen. Die dazugehörigen Studenten werden nach dem Grundstudium sorgfältig ausgewählt, wenn sie durch besonders gute Noten und außeruniversitärem Engagement aufgefallen sind. Zur Belohnung darf sich dieser Nachwuchsakademiker dann im Hauptstudium zur Elite seiner Fakultät zählen. Für Dowlings Chef, dem Dekan der Fakultät Joachim Möller, aber nicht nur ein reines Etikett. Denn wer einmal im Kreis der Spitzenstudenten aufgenommen ist, den erwartet nicht nur Uni Alltag.
a "Es geht über den akademischen Bereich deutlich hinaus. Es sind zum einen Exkursionen, die gemacht werden, das ist eine ganz neue Erfahrung auch in der Gruppe der Honorsstudenten untereinander, da werden viele Kontakte innerhalb der Studenten intensiviert. Diese Erfahrungen hätten sie in einem normalen Studiengang sicher nicht gemacht. Dann gibt es eine Reihe von Unternehmensbesichtigungen. Die Firmen nehmen sich dann sogar bis in die Konzernspitze Zeit, die Studenten zu betreuen. Es kommt dadurch natürlich zu Gesprächen mit der Geschäftsleitung von ausgewählten innovativen Betrieben. Das hat dann auf die Motivation der Studierenden die Rückwirkung, dass sie dadurch sehen, was man mit den Theorien des Studiums in der Praxis machen kann."
Ohne Geld, ist ein solches Programm natürlich schwer zu realisieren. Und genau da ist Regensburg in einer hervorragenden Position. Neben staatlichen Mitteln der bayrischen Landesregierung, stehen auch die großen Konzerne der Region voll hinter dem Regensburger Model.
"Das Programm wird unterstützt durch ein bayrisches Elitenförderprogramm. Konkret: Wir haben drei Stellen für wissenschaftliche Stellen dadurch einwerben können. Diese drei Mitarbeiter sorgen natürlich für eine kostengünstigere Betreuung der Studenten. Außerdem haben wir Finanzmittel für solche Exkursionen wie nach Prag. Darüber hinaus besitzen wir eine breite Gruppe von Unterstützern aus der Wirtschaft. Diese gehen sogar bis in die obersten Etagen von größeren Unternehmen."
Warum aber gerade Prag als Partner? Wichtige Faktoren sind natürlich die neu entstandenen Märkte nach dem Beitritt der neuen Länder in die Europäische Union. Neue Handelswege sind jetzt geöffnet, und für die Konzerne nicht mehr zu missachten. Für Möller eine Antwort auf die Frage, warum seine Elite unbedingt den Weg in die tschechische Hauptstadt finden muss. Auch im Hinblick auf die Zukunft der Universität über das Programm hinaus
"Prag ist natürlich eine wunderbare Stadt zum einen, aber das zweite ist, dass die Universität Regensburg jetzt und in Zukunft stärker ihr Profil für Osteuropa schärfen will. Wir wollen das Kompetenzzentrum in Bayern, wenn nicht sogar bundesweit, für diesen Markt werden. Denn wir sehen, dass die Unternehmen aus dem Raum Regensburg sich in Osteuropa stark engagieren, und diese wirtschaftlichen Beziehungen werden sich in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren ganz entscheidend intensivieren."
Es gibt aber auch kritische Stimmen an solchen Förderungen: Deutschland galt bisher als ein Land, dass außergewöhnlich vielen jungen Menschen hochwertige Studienabschlüsse, unabhängig der Herkunft, ermöglichte. Doch nachdem Studien von Organisationen, wie der für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der OECD, monierten, dass dieses System nur den wissenschaftlichen Durchschnitt hervor bringe, kamen gerade aus dem Bildungsministerium in Berlin heftige Rufe für eine Einrichtung von Eliteuniversitäten nach amerikanischem und englischem Model. Das Gegenargument sehen Kritiker nun aber genau darin, dass die Studenten der Nichtelite kaum mehr als nötig unterstützt werden. Dem steht Möller mit dem bereist errichteten Model seiner Universität aber entschieden gegenüber. Es sei nicht, so sagt er, das Vorhaben die Besten zu pflegen und den Rest nur noch mit dem Notwendigsten abzuspeisen. Ganz im Gegenteil.
"Ich sehe das so, dass wir durch das Programm die Möglichkeit für unsere Studenten erweitern, ohne dass dies zum Nachteil der anderen Wirtschaftstudenten von uns geschieht, die wir im Übrigen genauso intensiv versuchen zu fördern wie die Honorsstudenten. Wir wollen da keine riesigen Gräben aufreißen, dass ist nicht unser Ziel."
Doch das etwas passieren muss in der deutschen Hochschulausbildung, darüber herrscht weites gehend Konsens in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Doch wo sind genau die Wege der Zukunft für Deutschlands Akademiker. Sind es gerade solche Veranstaltungen für die deutsche Elite, wie hier am Prager Institut "Cerge -EI", dem bereits bestehenden Sonderbildungsinstitut für Wirtschaftsstudenten der Karlsuniversität und der tschechischen Akademie der Wissenschaft, oder sind es die geplanten Eliteuniversitäten der Bundesregierung? Michael Dowling sieht seine Idee auf dem besten Weg, dass die wichtigsten Köpfe der Wirtschaft auch in der nächsten Zeit aus Deutschland kommen.
"Ich finde, dass dies die bessere Zukunft ist, weil ich der Meinung bin, dass man nicht allein von Berlin aus die Eliten fördern kann. Man muss den Wettbewerb unter den Hochschulen starten. Wir haben diesen Wettbewerb erkannt, stellen uns diesem. Wir sind bereit ihn aufzunehmen."
Mit Ergebnissen kann er aber vorerst noch nicht aufwarten. Die ersten Absolventen des Honorsprogramm werden im Herbst 2005 erwartet. Dann weiß man, in welchen Positionen sie Jobs finden werden, und wie erfolgreich die Regensburger mit ihrem Programm sind. Doch unter den Studenten herrscht Einigkeit, dass es schon etwas Besonderes ist Honorsstudent zu sein. Helke Simmchen studiert im siebten Semester Volkswirtschaft in Regensburg, und ist aus der Riege der Vorbildstudierenden. Sie ist sich ihrer Vorteile schon bewusst.
"Natürlich ist es eine Ehre, so speziell gefördert zu werden, und viele Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, wie zum Beispiel zu verschiedenen Unternehmen zu gehen, die Vorstände kennen zu lernen, mit denen ganz normal reden zu können. Alles Möglichkeiten, die ein normaler Wirtschaftsstudent nicht hat."
Und ihr Kommilitone Christian Neuerburg, ebenfalls Honorsstudent und im siebten Semester der Betriebswirtschaftslehre, fügt hinzu: Man sei zwar ganz zufrieden gewesen, auch ohne die Marke Elitestudent. Aber vielleicht ist es noch einmal ein Schub, der großen Masse an Absolventen der Wirtschaftswissenschaften in Deutschland entgegen zu treten, und seinen Traumjob in dem harten Verteilungskampf nach dem Studium besetzen zu können.
"Wir sind alle Persönlichkeiten, die auch ohne das Programm gute Chancen in der Wirtschaft haben. Aber vielleicht ist das noch das "I-Tüpfelchen" auf dem Lebenslauf, um sich noch mal von den vielen Konkurrenten, mit denen wir konfrontiert sind, abzuheben."