Fußball: Tschechien schlägt Zypern 1:0 - Zuschauer pfeifen Spieler aus

V.l.n.r.: Jan Koller, Milan Baros, David Rozehnal a Jan Polak (Foto: CTK)

Am Mittwoch hat die tschechische Fußball-Nationalmannschaft mit einem 1:0-Heimsieg gegen Zypern einen weiteren Schritt in Richtung EM-Endrunde getan. Doch was ursprünglich als die pure Erledigung einer Pflichtaufgabe angesehen wurde, endete mit einem Pfeifkonzert der Zuschauer in Liberec. Der Unmut der 9300 Augenzeugen eines schwachen Spiels aber hatte eine Vorgeschichte.

Karel Brückner  (Foto: CTK)
"Wir haben an Kredit verloren", bekannte Tschechiens Fußball-Nationaltrainer Karel Brückner am Samstag unmittelbar nach der 1:2-Heimniederlage gegen Deutschland. Diese Aussage bezog Brückner auf die aktuelle Leistungsstärke der tschechischen Elf nach ihrer dürftigen Vorstellung in der Prager Toyota Arena. Er ahnte allerdings noch nicht, dass auch der moralische Kredit seiner Schützlinge recht schnell kräftig ramponiert sein würde. Denn in der Nacht nach der Pleite gegen das DFB-Team überzogen sie nicht nur als Gruppe den vorgegebenen Zapfenstreich, nein, ein Quintett von ihnen wurde noch zur frühen Dämmerstunde in weiblicher Gesellschaft beim munteren Alkoholkonsum gesichtet. Ein Eklat, der hohe Wellen schlug. Denn sowohl die eingefleischten Fußballfans als auch die breite Öffentlichkeit bekamen auf einmal die andere, weniger erfreuliche Seite der nationalen Fußballstars zu sehen. Die dicke Luft, die diese Eskapade nach sich zog, wollte Auswahlkeeper Petr Cech, der dem Exzess nicht beiwohnte, als erster durchschneiden, indem er versicherte, dass sich "alle gegen Zypern reinhängen und Charakter zeigen werden". Die Partie gegen die Mittelmeer-Insulaner war damit im Nu kein normales Pflichtspiel mehr, sondern eine aktuelle Bestandsaufnahme der mentalen und charakterlichen Stärke der noch jüngst gehätschelten Profikicker.

V.l.n.r.: Jan Koller,  Milan Baros,  David Rozehnal a Jan Polak  (Foto: CTK)
Und wie haben sie diese Prüfung bestanden? Vom Ergebnis her ist die Brückner-Elf noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen, doch spielerisch lieferte sie einen Offenbarungseid. Das wusste auch Jan Koller, der noch zu den Besten zählte, als er nach der Partie sagte:

"Ich denke, dass wir in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt haben. Wenn wir hier unsere großen Chancen besser genutzt hätten, dann wäre die zweite Halbzeit völlig anders verlaufen. Nach der Pause aber begannen unsere Kräfte zu schwinden, wir haben viele Bälle vollkommen unnötig verloren und so die Zyprioten, die ihre Chance witterten, aufgebaut. Am Ende waren wir froh, gewonnen zu haben."

Kapitän Tomas Rosicky  (links,  Foto: CTK)
Dass die tschechische Mannschaft in der zweiten Halbzeit nicht nur mit dem Gegner, sondern auch mit ihren eigenen Nerven zu kämpfen hatte und nur noch bestrebt war, den wichtigen Sieg gegen den Achtundsechzigsten der Weltrangliste über die Zeit zu retten, musste auch Kapitän Tomas Rosicky kleinlaut zugeben:

"Wir haben nicht mehr so organisiert wie in der ersten Halbzeit gespielt. Das war unser größtes Problem. Wir haben aber unser Ziel erfüllt. Und in der jetzigen Situation war das das Wichtigste."

In der Tat: Der Sieg war eigentlich das einzig Positive, was man dem Spiel gegen Zypern abgewinnen konnte. Vor und während der Begegnung allerdings haben die tschechischen Fußballer ihren guten Ruf selbst mit Füßen getreten. Bis zum nächsten EM-Qualifikationsspiel am 2. Juni in Wales ist vieles aufzuarbeiten. Aber sicher ist schon heute: Nichts ist mehr so, wie es noch vor kurzem war.

Autor: Lothar Martin
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