„Gastgeber“ helfen Familien mit autistischen Kindern in Tschechien

Eltern von Kindern mit Autismus leben in ständiger Anspannung und mit besonderen Belastungen. In einem neuen Projekt namens „Homesharing“ helfen Freiwillige bei ihnen mit der Kinderbetreuung.

Illustrationsfoto: Sukinah Hussain,  Pixabay,  CC0 1.0 DEED

„Seine Diagnose lautet atypischer Autismus. Marek hat einen schweren Sprechfehler. Das heißt, er ist nicht stumm, aber was er sagt, ergibt nicht immer einen Zusammenhang. Und dazu kommt eine geistige Behinderung. Er ist 14 Jahre alt, aber auf dem Niveau eines dreijährigen Kindes.“

Soweit Blanka Voříšková. Neben Sohn Marek erzieht sie gemeinsam mit ihrem Mann noch den älteren, gesunden Sohn Jakub:

„Alles dreht sich um das Kind mit der Behinderung. Man hat keine Zeit für etwas anderes, keine Zeit für sich selbst. Es ist wirklich sehr schwer. Und dabei wollen wir uns natürlich auch Jakub widmen.“

Früher haben die Großeltern bei der Betreuung von Marek geholfen. Doch mit zunehmendem Alter ging ihnen die Energie aus, und die Familie musste sich nach verschiedenen Hilfsdiensten umsehen. Ein solcher ist das Projekt „Homesharing“ (zu Deutsch: Geteiltes Heim). Es wurde vom Verein „Kinder des Vollmonds“ ins Leben gerufen, den Eltern von Kindern mit Autismus gegründet hatten. Ehrenamtliche Helfer werden dabei ausgebildet und unterstützen dann als sogenannte Gastgeber eine konkrete Familie. Klára Šrůtková betreut das Projekt. Ihr zufolge kann jeder daran teilnehmen.

Klára Šrůtková | Foto: Tschechisches Fernsehen

„Am ‚Homesharing‘ gefällt mir, dass die Beteiligten keine Fachleute sind. Wir bereiten sie vor auf den Kontakt mit einem Kind, das nicht verbal kommunizieren kann beziehungsweise eine geistige Behinderung hat. Diese Menschen sind bereit, ein solches Kind aufzunehmen, ihm Energie und Zeit zu widmen. Und für sie ist es interessant, das Anderssein und eine neue Weltsicht kennenzulernen.“

Manche Interessierte stellen während der Ausbildung fest, dass sie doch nicht in der Lage sind, eine solche Hilfe zu leisten. Honza und sein Partner Roman haben es aber geschafft. Sie stehen mit der Familie Voříšek in Kontakt und verbringen Zeit mit ihrem Sohn Marek.

Illustrationsfoto: Polina Kowalewa,  Pexels,  CC0 1.0 DEED

„Es ist für mich persönlich sehr interessant zu erkennen, ob ich mit einem Kind interagieren kann, das nicht fähig ist, direkt zu kommunizieren und zu verstehen, was es selbst gerade fühlt und will. Insofern ist es auf jeden Fall eine spannende Erfahrung und kann für jeden bereichernd sein.“

Die Eltern gewinnen durch die geteilte Betreuung Zeit für sich selbst. Klára Voříšková:

„Kinder des Vollmonds“

„Es ermöglicht mir einfach abzuschalten. Ich gehe einkaufen, mit einer Freundin auf einen Kaffee oder schwimmen. Dabei weiß ich, dass ich diese paar Stunden nicht ständig auf Draht sein muss. Es ist eine unglaubliche Entspannung.“

„Homesharing“ gibt es derzeit in acht Landkreisen Tschechiens. In naher Zukunft will der Verein „Kinder des Vollmonds“ das Projekt auch auf andere Landesteile ausweiten.