Gedenken an Hochwasser 2002: Zálezlice, das Dorf der Zerstörung

Foto: ČT 24

Im August 2002 regnete es in Tschechien tagelang in Strömen. Langsam stieg die Gefahr einer Überschwemmung, doch was dann kam, hatte keiner erwartet: Gemeinden wurden fast vollständig zerstört und selbst in Prag standen einige Stadtteil unter Wasser, 17 Menschen starben direkt oder indirekt durch die Flut. An das Jahrhunderthochwasser vor zehn Jahren wird in den nächsten Tagen vielerorts in Tschechien gedacht, betroffen war vor allem der böhmische Landesteil. Wir werden in unserem Tagesecho in den nächsten Tagen eine lockere Serie von Beiträgen zu dem Thema senden. Unser erster Beitrag handelt von der 400-Seelen-Gemeinde Zálezlice, 25 Kilometer nördlich von Prag. Sie wurde damals zu einem Symbol der Flut.

Zálezlice 2002  (Foto: ČT 24)
Zálezlice liegt nur einen Kilometer von der Moldau entfernt und drei Kilometer von der Elbe. Beide Flüsse traten damals über die Ufer, das Wasser stieg langsam immer höher. Das Tschechische Fernsehen zeigte am 15. August 2002, wie die Häuser bis zum Dach im Wasser standen, Verzweiflung bei vielen Bewohnern.

Damals wie heute hieß der Bürgermeister Jiří Čížek. Der Parteilose erinnert sich sehr genau an die Ereignisse von vor zehn Jahren. Einer der schlimmsten Momente sei gewesen, als er die Schäden aufnahm:

Jiří Čížek  (Foto: Pavel Kozler,  Tschechischer Rundfunk)
„Der Himmel war blau, ohne Wolken, es war schön und selbst die Vögel sangen. Wenn man die Augen schloss, kam man sich wie Paradies vor. Machte man sie auf, war man in der Hölle: links und rechts nur eingestürzte Häuser, einfach grauenhaft.“

Zálezlice war umgerechnet auf die Einwohnerzahl eine der am meisten geschädigten Gemeinden im Land. Dies ging durch die Medien und machte das Dorf zu einem Symbol des Unglücks neben dem südwestböhmischen Metly.

„121 Gebäude wurden komplett zerstört, das waren zwei Drittel des Dorfes. Irgendein Beamter erklärte, es habe keinen Sinn das Dorf zu erneuern. Billiger wäre, wir bezögen einfach alle zusammen einen Plattenbau. Das wollte natürlich keiner von uns hören: Wir haben uns aufgebäumt und angefangen zu bauen“, erzählt Čížek.

Zálezlice 2002  (Foto: ČT 24)
Dabei half, dass die Medienberichte eine Spendenaktion ins Rollen brachten. Wie viel Geld damals zusammenkam, weiß Čížek heute nicht mehr so genau. Es dürfte wohl eine zweistellige Millionensumme in Kronen gewesen sein, glaubt der Bürgermeister. Die ersten neuen Häuser jedenfalls standen bereits im Oktober 2002, nur zwei Monate nach der Flut.

Letztlich gelang der Neuaufbau: Nur eine Familie sei weggezogen, sagt Čížek, aber viele neue hinzugekommen. Heute hat der Ort über 80 Einwohner mehr als damals. Doch vor einem erneuten Hochwasser ist die Gemeinde bis heute noch nicht geschützt. Schon längst hätte ein 1700 Meter langer Damm gebaut werden sollen, doch Streitigkeiten um Grundstücke und langwierige Genehmigungsverfahren haben alles verzögert. Derzeit läuft erst die öffentliche Ausschreibung zum Bau. Bürgermeister Čížek:

Bushaltestelle in Zálezlice  (Foto: Pavel Hrdlička,  Wikipedia,  Creative Commons 3.0)
„Wir müssen hoffen, dass keine der an der Ausschreibung beteiligten Firmen Einwände hat. Wenn das gut geht, werden wir im Herbst mit den Bauarbeiten beginnen. Die sollen bis September kommenden Jahres dauern und dann werden wir auch vor einem Hochwasser wie 2002 geschützt sein.“

Elf Jahre hätte es dann gedauert, um Zálezlice sicher zu machen gegen die Fluten von Moldau und Elbe.

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Autor: Till Janzer
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