Gegen Russlands Propaganda: Tschechisches Bildungsprogramm stärkt Medienkompetenz von Schülern
Über den Krieg, den Russland gegen die Ukraine entfesselt hat, wird auch unter Jugendlichen diskutiert. Deswegen bemüht sich die Hilfsorganisation Člověk v tísni (Mensch in Not), Lehrern dabei unter die Arme zu greifen, wenn sie mit ihren Schülern über die aktuelle Lage sprechen wollen.
Kinder und Jugendliche sind durch die Kriegsereignisse oft verunsichert. Das sagt Karel Strachota. Er leitet das Bildungsprogramm JSNS der Hilfsorganisation Člověk v tísni.
„Sie haben Angst und sind verärgert. Die Jugendlichen fragen auch, wie sie selbst helfen können. Lehrerinnen und Lehrer sollten in der Lage sein, auf die Gefühle ihrer Schüler einzugehen und ihre Fragen zu beantworten. Unsere Materialien sollen ihnen dabei helfen.“
Gleich in den ersten Tagen nach dem Angriff der russischen Truppen auf die Ukraine habe es erste Reaktionen gegeben, betont Karel Strachota. In den Schulen seien Dokumentarfilme gezeigt worden, anschließend habe es Debatten zum Thema gegeben:
„Die Lehrer teilten uns mit, dass es möglich sei, sich danach mit den Kindern über die Auswirkungen des Kriegs auf die Menschen, über Geflüchtete und über Manipulationen der Medien zu unterhalten.“
Nach der russischen Invasion auf der Krim von 2014 hatten Karel Strachota und sein Team bereits einige Materialien für die Schulen über russische Propaganda zusammengestellt. Eines davon vergleicht zum Beispiel die russische Besetzung der Krim von 2014 mit dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei im Jahr 1968. Im Unterricht wurde den Schülern ein kurzer Dokumentarfilm über die Invasion vor 54 Jahren gezeigt. Anschließend wurde über die Parallele zwischen 1968 in der Tschechoslowakei und der Besetzung der Krim diskutiert. Die Schüler beschäftigten sich dafür mit Briefen und einem Gespräch, in dem die militärische Aggression als Rettung für eine Gruppe von Personen oder als Rettung des politischen Systems bezeichnet wurde. Ziel war dabei, den jungen Menschen zu zeigen, wie die russische Seite Propaganda macht. Karel Strachota:
„Ich habe selbst zuvor viele Debatten mit Schülern erlebt. Sie sehen nicht so oft fern wie ihre Eltern oder Großeltern, dafür sind sie aber deutlich häufiger in den Social Media aktiv. Wir haben uns eingehend darüber unterhalten, wie manipuliert wird. Die russische Propaganda wird auch weiterhin die Invasion begleiten, und die Kinder werden mit ihr konfrontiert sein. Darum arbeiten wir an Ergänzungen zu unseren Materialien von 2014.“
Die Schüler sollen laut Strachota eine Vorstellung davon bekommen, wie Desinformationen klingen und was sie bewirken sollen.
„Wir leiten die Schüler dazu an, vorsichtig zu sein und Informationen zu überprüfen. Sie sollten sich überlegen, ob es einen Grund dafür gibt, bestimmte Information zu teilen. Es ist zudem wichtig, dass sie sich Fragen stellen. Die fünf Schlüsselfragen lauten: Wer? Für wen? Was? Wie? Warum? Also warum der Medienbericht entstanden ist. Wir hoffen, dass wir auf diese Weise bei ihnen die so wichtige Medienkompetenz stärken können.“
Das Bildungsprogramm heißt JSNS. Die Abkürzung steht für „Jeden svět na školách“, wobei „Jeden svět“ (One World) das Internationale Menschenrechtsfestival ist, das unter dem Motto „Wege der Freiheit“ am 21. März in Prag eröffnet wird. Schulklassen werden dann die Möglichkeit haben, viele Filmvorstellungen zu besuchen.