Gemeinsamer Feind verband einst Gaddafi und Kommunisten der ČSSR
Die Libyen-Krise beherrscht die Titelseiten der Tageszeitungen. In einer Zeit, wo internationale Organisationen über Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime beraten, erinnerte das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen (ČT) am Freitag an ein Kapitel aus der Außenpolitik der kommunistischen Tschechoslowakei. Ein Kapitel, das bislang im Zusammenhang mit der heutigen Libyen-Krise unerwähnt blieb. Es sind die Beziehungen, die die kommunistischen Machthaber der ehemaligen Tschechoslowakei einst mit dem libyschen Staatsführer Gaddafi pflegten.
1982 erlebte Prag bereits den zweiten Besuch des libyschen Führers in der Tschechoslowakei. Zum ersten Mal war Gaddafi vier Jahre zuvor an der Moldau zu Gast. Es sei ein sehr stark verfolgtes Ereignis gewesen, sagt der Historiker und Archivar des Tschechischen Fernsehens, Karel Sieber:
„Damals wusste jeder, wenn ein arabischer Führer nach Prag kommt, kommt er, um Waffen zu kaufen. Das war eine Tradition seit den 1950er Jahren. Gaddafi erinnerte bei dem Prag-Besuch 1978 an den tschechoslowakisch-ägyptischen Waffenkontrakt. Er machte auch bei den offiziellen Zeremonien kein Hehl daraus, dass er wegen großer Waffenlieferungen gekommen sei. Die Tschechoslowakei wollte ihm die Waffen natürlich verkaufen, aber die offizielle Führung war nicht gerade begeistert, dass er davon so laut sprach.“ Denselben Verlauf und Zweck hatte Sieber zufolge auch der zweite Besuch von Gaddafi in Prag im Jahr 1982. Von den damals sehr guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern zeugt laut dem Historiker auch die Tatsache, dass der damalige tschechoslowakische Staatsoberhaupt Husák, der nicht gerade reiselustig war, 1981 Gaddafi sogar persönlich besuchte. Der libysche Diktator habe vor allem eines mit den kommunistischen Führern gemeinsam gehabt, so der Historiker:„Der beiderseitige Berührungspunkt war der gemeinsame Feind: Israel, die USA und der ganze Westen. Es ist aber interessant, dass sich Gaddafi mit seinem so genannten ´islamischen Sozialismus´ ansonsten mit den Kommunisten in der Tschechoslowakei kaum verstanden hat. Gaddafi unterbreitete ihnen damals mehrere Vorschläge, auf die sie nicht reagierten. Beispielsweise schlug Gaddafi vor, in Prag eine Moschee zu erbauen. Oder er verlangte auch, den Tag der Arbeit vom 1. Mai auf den 1. September, den Tag seiner libyschen Revolution zu verschieben. Was die beiden Regime, das libysche und das tschechoslowakische verband, waren nur der gemeinsame Feind und die großen Waffenlieferungen.“ Den tschechoslowakischen Kommunisten fehlte in Libyen eine regierende Partei, mit der sie die Kontakte auf der Parteiebene hätten entwickeln können, fügt Karel Sieber hinzu. Das es eine solche Partei nicht gab, sei für die damalige Führung der Tschechoslowakei unangenehm gewesen, meint der Historiker.Gefragt nach dem Ausgang der heutigen Libyen-Krise, sagte der Historiker: „Wir müssen auf das Beste hoffen und uns auf das Schlimmste vorbereiten“.