Neue Außenpolitische Richtlinien der Regierung Nečas: Wirtschaft künftig an erster Stelle
Am Montag fand in Prag das traditionelle Treffen aller tschechischen Botschafter mit der Regierung statt. Premier Petr Nečas nutzte die Gelegenheit, die außenpolitischen Linien seiner Regierung zu definieren. Am selben Tag erkannte die Regierung den libyschen Übergangsrat als legitime Regierung an.
Mit diesem Zitat des amerikanischen Dichters Walt Whitman hat am Montag Premier Petr Nečas seine Rede vor den versammelten Botschaftern der Tschechischen Republik in Prag begonnen und ergänzte:
„Dies gilt nicht nur für den Einzelnen im Rahmen der Gesellschaft, es gilt auch für die Rolle der Tschechischen Republik im Rahmen der internationalen Gemeinschaft und ebenso im Rahmen der Europäischen Union.“
Direkt zu Beginn der Verhandlungen legte der Premier einige Richtlinien für die künftige Außenpolitik der Regierung fest. Vor allem die Wirtschaftspolitik wird im Vordergrund stehen, denn die tschechische Ökonomie ist extrem abhängig, vor allem vom europäischen Binnenmarkt. Nečas betonte daher die Notwendigkeit, neue Märkte zu erschließen und erklärte, dass deswegen seine erste außereuropäische Reise nach Regierungsantritt in den Irak führte. Eine aktive und exportorientierte Wirtschaftspolitik gehöre zu den Schlüsselprioritäten seiner Regierung. Seine Erwartungen an die Botschafter zielten dann auch eindeutig in diese Richtung:„Die Qualität jedes Botschafters wird nicht an der Anzahl der diplomatischen Depeschen, Telegramme oder bilateralen Treffen gemessen, sondern an der Entwicklung der Handelsbilanz, an der Entwicklung unserer Exporte und Investitionen. Das wird der Maßstab für den Erfolg eines jeden tschechischen Diplomaten in den folgenden Jahren sein.“Am Montag hat auch Tschechien die libyschen Rebellen als legitime Vertretung Libyens anerkannt. Die entsprechende Erklärung dazu lieferte Außenminister Karel Schwarzenberg. Der Außenminister hatte bereits im Frühling die Rebellenhochburg Bengasi besucht und den Aufständischen die Unterstützung der Tschechischen Republik versprochen. Offiziell hatte er damals den Übergangsrat aber nicht anerkannt. Diese Anerkennung erfolgte erst jetzt, wohl auch, um nicht vollständig den Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Landes zu verlieren. Dass tschechische Firmen Chancen haben, am libyschen Wiederaufbau zu profitieren, hat auch die Opposition erkannt. Der Sozialdemokrat Jan Hamáček vom parlamentarischen Ausschuss für auswärtige Beziehungen sieht aber eher die Firmen als die Botschaften in der Pflicht:
Derzeit ist die tschechische Währung stark, die Wirtschaft aber extrem abhängig von Exporten. Da dies zu einer Gefahr werden kann, äußerte sich Premier Nečas auch zur europäischen Währungsunion:
„Wir haben dem Beitritt zu einer Währungsunion zugestimmt, nicht zu einer Transfer- und Schuldenunion. Diese Zustimmung war nämlich nie gebunden an eine unvorhersehbare Spirale von Automatismen, die in eine Transfer- und Schuldenunion mündet. Daher müssen wir die ökonomische Situation sorgfältig verfolgen und eine klare Haltung einnehmen.“
Die Skepsis gegenüber dem Euro war in der Tschechischen Republik seit jeher groß, ursprünglich sollte er bereits eingeführt sein. Mit der derzeitigen Krise sehen sich die Euroskeptiker natürlich bestätigt. Zusätzlichen Rückenwind haben die Kritiker durch eine Heraufstufung der Kreditwürdigkeit Tschechiens durch die Ratingagenturen und durch die Spekulationen einiger Devisenhändler erhalten, die Krone könne den Schweizer Franken als „stärkste europäische Währung“ ablösen.