Außenpolitik 2011
Welche Richtung schlägt die tschechische Außenpolitik im Jahr 2011 ein? Und was sind eigentlich die nationalen Interessen im Rahmen einer aktiven Europapolitik? Mit diesen Fragen beschäftigten sich dieser Tage in Prag gleich zwei Konferenzen.
„Die Eingliederung in dieses einzigartige Integrationsprojekt war nicht nur in ökonomischer Hinsicht positiv. Sie bedeutete vor allem auch eine Bestätigung der traditionellen Position des Landes, die Rückkehr in die natürliche Umgebung, zu der die böhmischen Länder und ihre Bewohner Jahrhunderte lang gehört haben, und aus der sie im 20. Jahrhundert durch zwei Diktaturen künstlich herausgerissen wurden.“
Demokratie und Menschenrechte, eine stabile Wirtschaft und Energiesicherheit seien im Interesse aller Partner in der EU. Nationale und europäische Interessen gegeneinander auszuspielen mache keinen Sinn, so Nečas.„Dabei müssen wir uns natürlich auch unserer Verpflichtung zur Einführung des Euro bewusst sein. Wir rechnen aber erst dann damit, wenn wir die Maastricht-Kriterien erfüllen, wenn es gleichzeitig zu einer Stabilisierung der Eurozone kommt, und wenn die Kosten der Euro-Einführung niedriger sind als die Kosten für die Beibehaltung der eigenen Währung.“
Klarheit über die nationalen Interessen zu schaffen ist auch das Ziel eines neuen Strategiepapiers des tschechischen Außenministeriums. Auf einer Veranstaltung der „Assoziation für außenpolitische Fragen“ hat Minister Karel Schwarzenberg am Montag einige Grundzüge angesprochen:„Die Außenpolitik der Tschechischen Republik hat ein klar definiertes Ziel: die Menschenrechte nicht nur im eigenen Land zu verteidigen, sondern überall auf der Welt. Auch, wenn wir uns dabei gegen eine Großmacht stellen müssen. Wenn wir sehen, dass Menschenrechte verletzt werden, dann treten wir dagegen auf – unabhängig davon, ob es sich um einen großen oder einen kleinen Staat handelt.“
Im Verhältnis zu Deutschland und Österreich wird in den nächsten Monaten wohl die Frage der Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Rolle spielen. Ab 1. Mai dürfen ja auch die Bürger der neuen Mitgliedstaaten ohne Einschränkung überall in der EU arbeiten. Schwarzenberg erwartet aber keinen Druck auf die Arbeitsmärkte:„Jeder Mensch, der sich mit dieser Frage beschäftigt, weiß, dass es keine großen Bewegungen geben wird. Im Gegenteil. Ich höre von österreichischen Industriebetrieben oder aus dem Gastgewerbe, dass neue Arbeitskräfte nötig sind. In den letzten zwei Jahren sind halt Ostdeutsche nach Österreich gekommen. Jetzt wird es billiger sein, wenn jemand aus Lundenburg kommt“, so Schwarzenberg nach der Veranstaltung im Gespräch mit Radio Prag.
Übrigens: Die Grenzstadt Lundenburg kennen wohl auch die meisten Österreicher eher unter ihrem tschechischen Namen Břeclav.