Nečas kritisiert Unterstützung für Dalai Lama und Pussy Riot – Schwarzenberg entsetzt

Petr Nečas (Foto: ČTK)

Eine Maschinenbaumesse ist in der Regel kein Ort politischer Kontroversen. Das trifft auch auf die Traditionsveranstaltung im mährischen Brno / Brünn zu. Allerdings gehört es dort zum guten Ton, dass Spitzenpolitiker bei der Eröffnung eine Rede halten. Am Montag hat Premier Petr Nečas aber mit seiner Rede eine Debatte in Gang gesetzt über den tschechischen Export und den Einsatz für Menschenrechte.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Der konservative Premier nahm kein Blatt vor den Mund: Die Unterstützung tschechischer Politiker für den Dalai Lama und für die inhaftierten russischen Punkrockerinnen von Pussy Riot schade der Exportwirtschaft, so Nečas:

„Wir müssen einige modische politische Äußerungen verhindern, die objektiv betrachtet Folgen haben für unseren Export. Zum einen ist dies die künstliche und falsche Bewunderung für die russische Band Pussy Riot, die Band ist der Höhepunkt der Geschmacklosigkeit. Sie symbolisiert in keinem Fall Freiheit und Demokratie. Das Zweite ist der ‚Dalailamismus’, die Anbetung des Dalai Lama. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Politik zur Unterstützung der Menschenrechte gegen die Exportpolitik eintauschen sollen.“

Doch genau das werfen Nečas nun die Kritiker vor. Vor allem Außenminister Karel Schwarzenberg ist aufgebracht. In einem Interview für die Tageszeitung Lidové noviny am Dienstag bezeichnete Schwarzenberg die Worte des Premiers als „entsetzlichen Ausrutscher“. Nečas sage zwischen den Zeilen, dass beim Export tschechischer Waren an Weltmächte die Frage der Menschenrechte „über Bord geworfen“ werden solle. Gerade die Haltung seines Koalitionskollegen gegenüber China hat Schwarzenberg geschockt. Nečas hatte nämlich noch angefügt:

„Die Mode des ‚Dalailamismus’ ist keine Unterstützung von Freiheit und Demokratie, bei aller Sympathie für die Kulturautonomie der Tibeter. Es ist vielmehr die Anbetung eines Regimes, das wahrscheinlich keinen demokratischen Charakter hätte, sondern einen halbfeudalen und theokratischen mit starken autoritären Zügen. Wenn dies unpassender Weise unterstützt wird, dann kann theoretisch damit die Ein-China-Politik angezweifelt werden, die wir propagieren.“

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Dass Nečas den Tibetern, aber nicht dem Regime in Peking, mangelnde Demokratie vorwirft, hat Schwarzenberg wohl besonders getroffen. Der Premier übernehme einfach die chinesische Propaganda, so der Minister. Er hoffe aber, so Schwarzenberg, dass sich kein tschechischer Regierungschef „jemals vor einer Weltmacht verbeugt, wenn es um die Menschenrechte geht“.

Diese scharfe Reaktion war zu erwarten gewesen. Karel Schwarzenberg gehörte vor 1989 schließlich der Opposition gegen das kommunistische Regime an, so wie andere tschechische Regierungsmitglieder, zum Beispiel Verteidigungsminister Alexandr Vondra. In diesem Sinn führt Schwarzenberg auch die Außenpolitik des Landes. Das heißt, das Freiheitsbestreben der Tibeter wird genauso unterstützt wie die kubanische Opposition oder politisch Verfolgte in den osteuropäischen Ländern.

Andererseits hat die Regierung - gerade auf die Initiative von Nečas – in der Wirtschaftspolitik vor einigen Monaten die Unterstützung des tschechischen Exports als Priorität ausgegeben. Denn seit mehr als einem Jahr befindet sich Tschechien in der Rezession. Selbst Wirtschaftsexperten schieben einen Teil der Schuld für die schlechte Lage mittlerweile auf die radikale Sparpolitik der Regierung Nečas. Der Regierungschef befindet sich also in diesem Bereich immer stärker unter Druck. Doch die Kontroverse um Export- und Außenpolitik könnte auch weitere Ursachen haben.