Regierung stellt neue Exportstrategie vor: weniger EU-Abhängigkeit

Tschechien ist ein extrem exportorientiertes Land. Mehr als vier Fünftel des tschechischen Bruttoinlandsprodukts generiert sich aus Exporten, der gefeierte Exportweltmeister Deutschland kommt nur auf etwa 50 Prozent. Und die Höhe der tschechischen Ausfuhren wächst dabei beharrlich. Die vorläufigen Zahlen für das vergangene Jahr verweisen auf einen neuen Rekord: Tschechische Firmen sollen Güter für umgerechnet insgesamt 120 Milliarden Euro exportiert haben. Nun haben Premier Petr Nečas und Industrie- und Handelsminister Martin Kuba eine neue Exportstrategie vorgestellt.

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Die tschechischen Exporte sind auf die Europäische Union fixiert. Nicht einmal ein Fünftel der Güter geht in andere Länder. Die EU aber steckt in der Krise und auch die Wachstumsaussichten sind nicht sonderlich gut. Am Montag nannte Premier Nečas die Eckpunkte für die neue tschechische Außenhandelsstrategie bis ins Jahr 2020:

„Wir wollen das Tempo unseres Exports beibehalten, er ist der Motor unserer Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze. Wir wollen die Exportabhängigkeit von der EU zurückschrauben und den Anteil der Ausfuhren in Länder außerhalb der EU erhöhen. Wir wollen gute staatliche Exportförderung mit konkurrenzfähiger Finanzierung und Versicherung anbieten sowie die Inanspruchnahme erleichtern.“

Martin Kuba  (Foto: ČTK)
Industrie- und Handelsminister Kuba ergänzte weitere Details. Für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks fasste er noch einmal zusammen, in welche Richtung die Exportförderung ab jetzt gehen soll:

„Zusammen mit den tschechischen Exporteuren haben wir 12 vorrangige Zielländer wie China, Brasilien, Indien, Irak, Russland und die GUS-Staaten benannt und 28 weitere interessante Länder. Ihnen gemeinsam ist, dass sie starke Wachstumsraten aufweisen und für tschechische Exporteure sehr attraktiv sind.“

Deswegen sollen auch in diesen Ländern nun Handelsvertretungen entstehen. Insgesamt erhöht sich die Zahl der Vertretungen damit von 35 auf 70.

Minister Kuba glaubt, dass sich die Erfolge schon bald einstellen dürften.

Jiří Grund leitet den Verband tschechischer Exporteure und hat Erfahrungen mit den Handelsbedingungen in den arabischen Ländern. Er warnt vor zuviel Optimismus:

Jiří Grund
„Wir sollten uns darauf konzentrieren, nicht jene Kontakte zu verlieren, die wir in den vergangenen 20, 30 Jahren aufgebaut haben. Wir sollten uns nicht darauf konzentrieren, Märkte zu erobern, deren Eroberung sehr unsicher ist. Zum Beispiel ist es im Mittleren Osten sehr schwer, das Vertrauen der Kunden zu erwerben. Das ist ein langer Weg.“

Die tschechische Regierung will aber nicht nur neue Märkte erschließen, sondern auch die Palette der Exportgüter erweitern. Gut die Hälfte der Ausfuhren entfällt derzeit auf Maschinen und Fahrzeuge. Premier Necas verwies am Montag darauf, dass aber 60 Prozent des Dienstleistungsmarktes in der EU noch nicht liberalisiert seien und eine Öffnung auch für tschechische Firmen große Chancen biete. Doch auch hierbei zeigt sich Jiří Grund eher skeptisch. Übersetzt lautet sein Ratschlag: „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“