General Kutlvašr über den Luftkrieg 1943: „Vorbereitung für den Marsch auf Berlin“
Karel Kutlvašr ist eine der wichtigsten Personen der tschechoslowakischen Militärgeschichte. Er kämpfte im Ersten Weltkrieg in den tschechoslowakischen Legionen in Sibirien und wurde hinterher mehrfach für heldenhaftes Verhalten ausgezeichnet. Als 33-Jähriger wurde er 1928 zum General befördert. Er war damit einer der jüngsten Generäle in der Geschichte der tschechoslowakischen Armee. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch Hitlerdeutschland schloss er sich dem Widerstand an. Aus dem englischen Exil informierte Kutlvašr seine Landsleute Anfang 1943 in den tschechischsprachigen Sendungen der BBC über die Entwicklungen im Luftkrieg.
Bis zur Invasion sollte es noch dauern und die totale Lufthoheit erlangten die Alliierten erst im Verlauf des Jahres 1944. In der Tat aber begannen Großbritannien und die USA schon 1942 mit Flächenangriffen auf deutsche Städte, die ab Anfang 1943 rund um die Uhr stattfanden. Die Strategie des so genannten „Bomberstroms“ nahm Tote in der deutschen Zivilbevölkerung nicht nur in Kauf, sie waren ausdrücklich erwünscht, um zu demoralisieren. Davon war in Kutlvašrs Ansprache freilich nicht die Rede.
„Unsere Angriffe sind durchdacht und machen ein militärisches Objekt nach dem anderen unschädlich. Die alliierten Luftstreitkräfte versetzen dem Feind wirkungsvolle Schläge, und zwar nicht nur der Flugzeugproduktion der Nazis, sondern der gesamten Kriegsindustrie.“Die amerikanische Rüstungsindustrie hingegen liege außerhalb der Reichweite des Feindes und könne daher wie unter Friedensbedingungen arbeiten, versicherte Kutlvašr seinen Landsleuten. Davon hatte sich er selbst überzeugen können. Kurz vor seiner Radioansprache war Kutlvašr von einer sechsmonatigen Reise in die USA zurückgekehrt.
„Ich muss lachen über die falsche deutsche Propaganda, die behauptet, es wäre nicht möglich das Ausmaß der gegenwärtigen Angriffe aufrecht zu erhalten. Dazu kann ich nur sagen: Wir halten nicht nur dieses Ausmaß, wir erhöhen es noch.“
Die verheerende Zerstörung deutscher Städte vor allem in den Jahren 1944 und 1945 sollte Kutlvašr recht geben. In der Endphase des Krieges widmete sich der General allerdings wieder dem Kampf auf dem Boden. Anfang Mai 1945 kommandierte Kutlvašr den Prager Aufstand. Vor allem dafür erlangte er allgemeine Berühmtheit. Offizielle Anerkennung blieb ihm jedoch verwehrt. Kutlvašr ermöglichte nämlich nach der deutschen Kapitulation einer halben Million Wehrmachtssoldaten auf die amerikanische Seite überzulaufen. Nach der Machtübernahme der Kommunisten in der Tschechoslowakei wurde Kutlvašr des Hochverrats für schuldig befunden. Nach elf Jahren Gefängnis gewährte man ihm 1960 Amnestie. Kutlvašr arbeitete noch ein Jahr als Pförtner in einer Prager Brauerei. Am 2. September 1961 starb Karel Kutlvašr. Vollständig rehabilitiert wurde er erst nach der Samtenen Revolution 1989. Posthum wurde Kutlvašr erneut zum General befördert und mit militärischen Ehren bedacht.