Genschers Balkon: Tschechien bereit zu Verhandlungen über Verkauf des Lobkowicz-Palais
Das Lobkowicz-Palais auf der Prager Kleinseite ist Sitz der deutschen Botschaft. Die Bundesregierung möchte das Gebäude gerne kaufen, denn schließlich ist es von historischer Bedeutung. Am Mittwoch hat sich nun die tschechische Regierung bereit erklärt, über den Verkauf des Barockgebäudes zu verhandeln.
„Das Gebäude ist für uns – ich glaube, dass kann man schon sagen – wirklich ein Erinnerungsort. Ein Ort, der uns an die dramatische Geschichte im Sommer ´89 erinnert, als hier mehrere Tausend Flüchtlinge aus der ehemaligen DDR wochenlang ausgeharrt und sich letztlich dann die Ausreise nach Westdeutschland erstritten haben. Sie haben damit auch einen wichtigen Beitrag zum Fall der Berliner Mauer geleistet. Das ist für uns lebendige Geschichte. Wir haben hier in der Botschaft auch jedes Jahr viele ehemalige Flüchtlinge als Besucher, es kommen viele Besuchergruppen aus Deutschland, die sich den Ort einmal anschauen wollen.“
Am Mittwoch hat nun die tschechische Regierung die Tür geöffnet für Verhandlungen über einen Verkauf des Palais an Deutschland. Im Gegenzug könnte die tschechische Seite ein Baugrundstück in Berlin erhalten. Veronika Honcová vom tschechischen Außenministerium:„Konkret handelt es sich um ein Grundstück im Berliner Botschaftsviertel in der Tiergartenstraße. Geplant ist, falls alles so geschieht, wie im Vorhaben der Regierung verkündet, dass dort ein neues Gebäude für die diplomatische Vertretung gebaut wird.“
Ein neues Botschaftsgebäude in Berlin, das braucht Tschechien eigentlich schon seit längerem. Denn das jetzige Domizil in der Wilhelmstraße passt so wenig wie ein schlecht sitzender Anzug:„Die derzeitige Botschaft befindet sich zwar an einem schönen Ort im Zentrum von Berlin. Vereinfacht gesagt besteht das Problem aber darin, dass das Gebäude zu groß ist, größere Teile nicht genutzt werden und deswegen die Betriebskosten zu hoch liegen. Es wurde ausgerechnet, dass die Absicht des Außenministeriums, eine neues Grundstück zu erwerben und ein neues Gebäude zu bauen, vorteilhaft wäre“, so Honcová.
Die tschechische Presse hat sogar Zahlen veröffentlicht über den Gewinn, den Tschechien bei der Immobilientransaktion einstreichen könnte. Der Gewinn läge demnach bei umgerechnet etwa 10 Millionen Euro. Premier Nečas aber wies bei der Pressekonferenz nach der Regierungssitzung die Schätzungen zurück:„Das Außenministerium wird von Experten die Marktpreise der Immobilien aufstellen lassen. Denn die Regierung kann bei ihrer Entscheidung nicht von den Buchpreisen, also den Preisschätzungen ausgehen.“
Vor allem aber betonte Nečas, dass Tschechien der Immobilientransaktion noch nicht zugestimmt hat:
„Die Regierung hat das Vorhaben gutgeheißen, aber noch keine definitive Entscheidung gefällt“, so der tschechische Premier.
Auch auf deutscher Seite ist man eher vorsichtig in den Reaktionen. Botschaftssprecher Ulrich Ernst:
„Wir begrüßen diese Entscheidung ganz ausdrücklich. Das ist jetzt der Startschuss für den Beginn, ich betone: den Beginn von Verhandlungen. Verhandlungen, denen ich jetzt an dieser Stelle nicht vorgreifen kann und möchte. Da wird es um technische Fragen gehen und sicher auch um finanzielle Aspekte. Aber wir sind erst einmal wirklich froh, dass die Verhandlungen beginnen können, und wünschen uns natürlich auch einen zügigen Abschluss.“