Geras und Nova Rise feierten den EU-Beitritt Tschechiens gemeinsam
Das südostböhmische Städtchen Nova Rise/Neureich hat anlässlich der EU-Erweiterung eine Zusammenarbeit mit dem niederösterreichischen Geras beschlossen. Gemeinsam sind die beiden Städte der Europäischen Union beigetreten. Mehr über die beiden Gemeinden, die den Grenzraum rund um die tschechisch-österreichische Grenze teilen, erfahren Sie in den folgenden Minuten von Dagmar Keberlova.
"Als das Kloster an die Prämonstratenser zurückgegeben wurde, musste es wieder instand gesetzt werden, weil es zuvor von der Armee genutzt worden war. Die Prämonstratenser sind nach Geras gefahren, um dort Erfahrungen zu sammeln. Danach erschien es uns ideal, die Zusammenarbeit auch auf die Gemeindeebene zu erweitern. Wir kontaktierten die Stadtvertretung in Geras und begannen, inoffiziell zusammenzuarbeiten. Der Hauptgrund war, dass wir auf diese Weise Projekte im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf Grundlage der Phare-Förderung finanzieren konnten."
Mit der Zusammenarbeit sind beide Gemeinden sehr zufrieden. Stadtrat Wolfgang Oppitz aus Geras hat nur Lob dafür:
"Wir haben in Neureich einen sehr angenehmen und verlässlichen Partner gefunden. Die Vereinbaren halten und funktionieren, Neureich ist ein Partner mit Handschlagqualität. Wir halten es für sehr wichtig, konkrete, einfache, gemeinsame Aktionen zu setzen. Daher haben wir begonnen, die Aktivitäten mit Kindern aufzubauen und damit haben wir auch die Eltern eingebunden."
In der Freundschaft unter den Bürgern sieht Stadtrat Oppitz eine gute Gelegenheit, Vorurteile abzubauen:
"Kontakte dienen zum Abbau von Vorurteilen, die sich aus der Geschichte und aus der jahrzehntelangen Trennung ergeben. Damit wird auch ein Kennen - Lernen -Prozess eingeleitet. In Tschechien wurden auch schon Treffen mit Kindern und Eltern sehr erfolgreich abgewickelt."
Über die bisherigen Erfolge der Zusammenarbeit sagt Bürgermeisterin Cirtkova:
"Die Zusammenarbeit - auch wenn bisher nur inoffiziell - hat uns schon vieles gebracht. Geras war unser Partner bei den PHARE-Projekten, bei denen wir Geld für die Gestaltung der Umgebung des Klosters und die Reparatur der Friedhofsmauer bekamen. Dabei hatte Geras nur beratende Funktion. Dann begannen auch die Schulen zusammenzuarbeiten. Die tschechischen Kinder waren in Geras zweimal beim Erdäpfelfest, und die österreichischen bei uns bei den Feiern am Schuljahresende. Wir haben einen gemeinsamen Kalender von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen erarbeitet, der das ganze Jahr einschließt. Die erste Veranstaltung ist in Geras am 19.Juni und heißt 'Spielefest im Rahmen der Sonnwendfeier'. Die Kinder von Geras kommen am Ende der Ferien zu uns. Und schließlich wollen wir auch in der kommunalen Politik zusammenarbeiten, und zwar u. a. in Bereichen wie Abwasserreinigung, Abfallentsorgung etc."
Auch Herr Oppitz unterstreicht die Wichtigkeit der Veranstaltungen für Kinder, ist sehr mit den bisherigen zufrieden und macht schon auf das nächste Erdäpfelfest aufmerksam, das dieses Jahr am 2. und 3. Oktober stattfindet.Die Erweiterungsfeiern wollten die beiden Gemeinden zusammen begehen, und dies gleich mit zwei Veranstaltungen: Bei einer stand die Unterschrift unter eine Vereinbarung zur offiziellen Zusammenarbeit zwischen den beiden Gemeinden im Mittelpunkt. Die zweite Aktion war die Eröffnung der Zwei-Länderausstellung barocker Gemälde mit dem Titel "Reiselust und Kunstgenuss". Noch vor Jahrhunderten haben die Grenzen in der Region nicht die Rolle gespielt, die ihnen die jüngere Geschichte zugewiesen hat, sagte der Kurator der Ausstellung Vaclav Milek. Diese Tatsache sei bei der Ausstellung anhand einiger barocker Künstler repräsentiert, die entweder selber oder in ihrer Kunst ganz natürlich die kulturellen und politischen Grenzen des damaligen Mitteleuropas überschritten haben. Das sei die leitende Idee der Ausstellung, so Kurator Milek. Die Ausstellungen in beiden Stiften können bis 31. Oktober dieses Jahres besichtigt werden.
Und wie soll die Zusammenarbeit der beiden Gemeinden in Zukunft aussehen? Neben Schulen und Verbänden soll u. a. auch im Sprachunterricht und in der Landwirtschaft reger Kontakt aufgenommen werden. Landwirte können Produkte wie Honig oder Wein austauschen, die mit dem EU-Beitritt Tschechiens von bisherigen Zöllen befreit worden sind. Und Stadtrat Oppitz wünscht sich für die benachbarten Gemeinden folgendes:
"Aus unserer Sicht ist für beide Partner das wichtigste, Ansprechpartner im anderen Land zu haben - auch wenn das alles jetzt EU-Raum ist - mit deren Hilfe man Erfahrungen austauschen kann oder auch jederzeit sehr rasch agieren oder reagieren kann. In diesem Sinn wollen wir die Partnerschaft nicht nur auf Papier festhalten, sondern es soll eine gelebte Partnerschaft für die Zukunft sein. Das ist unsere Vorstellung, das erwarten wir: ein vernünftiges Leben hier im Grenzraum."