Gesellschaftliche Integration geistig Behinderter und psychisch Kranker soll besser werden
Das Prager Abgeordnetenhaus gehörte am Dienstag nicht nur den gewählten Volksvertretern. Zu einem eintägigen Erfahrungsaustausch trafen sich in den Räumen des Parlamentes Vertreter von gemeinnützigen Organisationen, Selbsthilfeverbänden sowie Angehörige der Sozialbehörden. Das Thema: die verbesserte Eingliederung von geistig Behinderten und psychisch Kranken in die Gesellschaft. Thomas Kirschner war vor Ort.
Das Seminar ist Teil eines vor einem Jahr gestarteten internationalen Projektes, an dem acht der zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten teilnehmen. Das Thema ist dabei zugleich das Ziel: Es geht darum, Wege zu suchen, wie Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischer Erkrankung besser in die Mehrheitsgesellschaft eingegliedert werden können. Im Vergleich zu den alten EU-Staaten hat Tschechien in diesem Bereich noch einen großen Nachholbedarf meint Petra Kacirkova vom Zentrum für die Entwicklung psychischer Gesundheitspflege (CRPDZ):
"In Tschechien beschäftigt man sich mit diesem Thema nicht einmal seit 15 Jahren, als der Weg zur Demokratisierung begann, sondern erst seit vielleicht zehn Jahren. Wir wissen, was wir erreichen wollen, aber wir müssen diesen Weg Schritt für Schritt gehen, und das geht sehr langsam."
Ziel ist es, die vielfältigen Barrieren und Blockaden abzubauen, die etwa den Zugang zu Arbeit und Bildung versperren. Zugleich müssen die Vorurteile und Berührungsängste der Öffentlichkeit überwunden werden, meint Kacirkova.
"In der Gesellschaft lebt immer noch die Ansicht, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung oder psychischen Erkrankung ´verrückt´ sind und dass man mit ihnen nicht konstruktiv umgehen kann. Alles in allem gibt es also eine ganze Reihe von Problemen, und es ist wichtig, die Öffentlichkeit darüber zu informieren und den Leuten, die die gesetzgeberische Macht haben, zu zeigen, dass diese Probleme lösbar sind."Dass das Seminar gerade im Abgeordnetenhaus stattfindet, im Herzen der tschechischen Legislative, ist immerhin ein Zeichen dafür, dass die Politik bereit ist, dem Thema - im Wortsinn - Raum zu geben.