Gewerkschafter streikten in Prag gegen Finanzreform und Sozialabbau

Wenn es ums Geld geht, dann will in der Regel niemand nachgeben. Erst recht nicht, wenn es um solch hohe Beträge geht, wie sie bei der von der tschechischen Regierung geplanten Reform der Öffentlichen Finanzen eingespart werden sollen. Daher nimmt es nicht Wunder, dass die Assoziation der unabhängigen Gewerkschaften bereits für diesen Donnerstag zu einem großen Streik im Prager Stadtzentrum aufgerufen hatte. Mit von der Partie waren auch viele Vertreter der tschechischen Ärzteschaft.

Auch die tschechischen Gewerkschafter hegen keinen Zweifel daran, dass die Reform der Öffentlichen Finanzen notwendig ist. Doch die Art und Weise, wie sie die Prager Regierung durchsetzen will, lehnen sie kategorisch ab. Warum, das verlautbarte der führende Gewerkschafter Bohumír Dufek vor den rund 1500 Demonstranten:

"Auch wir wollen nicht, dass sich der Staat verschuldet. Und wir wollen auch nicht, dass der Staat seine Schulden auf unsere Kinder abwälzt. Aber der Staat muss bei sich selbst anfangen!"

Die Gewerkschafter kritisieren, dass die vorgeschlagenen Schritte zur Durchführung der Reform vor allem auf Sozialkürzungen basieren, während sich das Kabinett der Einnahmenseite weniger intensiv zuwende und dabei Steuerhinterziehungen in Milliardenhöhe toleriere. Deshalb bezeichnen sie das vorgelegte Reformpaket auch als asozial und monieren, dass damit eine Senkung des Lebensniveaus der Bürger einhergehe.

Der Prager Protestkundgebung hatten sich auch mehrere Ärzte angeschlossen, die Mitglieder im Ärztlichen Gewerkschaftsklub (LOK) sind. Im Vorfeld der Demonstration hatte die tschechische Gesundheitsministerin Marie Soucková die geplante Streikbeteiligung der Ärzte mit den Worten kritisiert, sie sei nicht ethisch, weil sie quasi die Patienten zu Geiseln macht. Eine Behauptung, die der Vorsitzende des Ärztlichen Gewerkschaftsklubs, Milan Kubek, so nicht stehen ließ, zumal an der Prager Kundgebung nur Ärzte und Schwestern teilnahmen, die Überstunden aufzuweisen oder Urlaub eingereicht hatten. Zu den Gründen ihrer Unzufriedenheit sagte Kubek dann zu den Demonstranten:

"Alle Mitglieder der Regierung haben vor den Wahlen den Medizinern beste Arbeitsbedingungen versprochen. Die Realität aber sieht so aus, dass die Krankenhäuser in ihren Schulden ertrinken und dass die Gehälter der Mediziner in keinerlei Weise mit denen in EU-Ländern gezahlten mithalten können."

Daher, so Kubek, seien bereits über 400 Ärzte nach Deutschland abgewandert und schon heute fehlen derer rund 550 in den tschechischen Krankenhäusern. In diesen wurde am Streiktag die ärztliche Versorgung aufrechterhalten - wenn auch unterschiedlich. Einige medizinische Einrichtungen begnügten sich damit, entsprechende Aushänge an ihren Informationstafeln zu machen, auf denen sie erläuterten, weshalb sie unzufrieden sind. Andere wiederum unterbrachen für kurze Zeit die Arbeit und hielten, wie im Masaryk-Krankenhaus in Ústí nad Labem/Aussig, ein 15-minütiges Meeting ab. Im härtesten Fall ließen die Mediziner gewöhnliche Kontrolltermine und Operationen platzen und behandelten nur akute Fälle. Aber, so Kubek scharf, sollte die Regierung nicht einlenken, dann werde dies nicht der letzte Streik sein, an dem sich auch die Mediziner beteiligen werden. Und seine Worte stießen auf einmütige Zustimmung bei den Protestierenden. Einige junge Gewerkschafter wiederum ließen bereits anklingen, was die Regierenden andernfalls zu erwarten haben, nämlich einen Generalstreik: