Humanitäre Helfer oder Streikbrecher? Tschechische Militärärzte in der Slowakei

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Die Slowakei erlebte in den letzten Tagen einen der massivsten Ärztestreiks ihrer Geschichte. Zu Ende November hatten etwa 2400 von rund 7000 Krankenhausärzten ihre Kündigung eingereicht. Es ging um mehr Geld und verbesserte Arbeitsbedingungen. Die Regierung musste am Dienstag vergangener Woche den Notstand über einige Krankenhäuser verhängen, um wenigstens einen Notbetrieb zu gewährleisten. Die Tschechische Republik wollte den Slowaken helfen und entschied sich am Freitag, Militärärzte zu schicken.

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Die Bindungen zwischen Tschechien und der Slowakei sind traditionell eng. Bis Ende 1992 waren beide Republiken Teil eines Gesamtstaates, die Sprache ist eng verwandt - und gefühlt ist die Slowakei noch immer die „Brudernation“. Als die Regierung in Bratislava das tschechische Kabinett um Hilfe bat, zögerte es nicht lange: Zunächst wurden zivile tschechische Ärzte aufgefordert, in der Slowakei auszuhelfen. Die Mediziner zeigten jedoch geringes Interesse, stehen sie doch mit ihrer eigenen Regierung auf Kriegsfuß. Erst Anfang des Jahres hatten sie mit einer ähnlichen Aktion wie ihre Kollegen in der Slowakei höhere Löhne erkämpft. Also entschied die Regierung, Militärärzte zu entsenden. Verteidigungsminister Alexandr Vondra:

Alexandr Vondra  (Foto: ČTK)
„Militärärzte sind natürlich Soldaten, und als solche folgen sie selbstverständlich Befehlen. Wir bemühen uns, dass diese kurzfristige Entsendung den Familien nur wenige Umstände bereitet. Wir mussten uns beeilen, aber wir bewegen uns in vernünftigen Grenzen.“

Da es sich aber um Militärärzte handelt, warf die Opposition die Frage auf, ob nun nicht das Parlament über eine Entsendung beraten müsse. Der Sozialdemokrat Milan Štěch, Vorsitzender des Senates, betonte, dass es sich ja de facto um einen Auslandseinsatz tschechischer Soldaten handele. Doch die Regierung war sich ihrer Sache sicher:

„Das liege in der Kompetenz der Regierung, aber man werde selbstverständlich das Parlament darüber informieren“, sagte Minister Vondra.

Er betonte, dass es zwar keine zeitliche Begrenzung gebe, allerdings rechne er nicht mit einem Einsatz von mehr als einem Monat. Und Auslandseinsätze bedürfen einer parlamentarischen Genehmigung nur dann, wenn sie länger als 60 Tage andauern. Auch warfen Sozialdemokraten und tschechische sowie slowakische Gewerkschaften der Regierung in Prag eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates vor. Dazu sagte der Verteidigungsminister:

„Wenn uns die slowakische Regierung mit einem Brief der Regierungschefin um Hilfe bittet, dann können wir das nicht ablehnen. Wir sind gebeten worden, bei der Sicherstellung der der Gesundheit und der Notfallrettung der Bevölkerung zu helfen. Das ist eher eine Frage des hippokratischen Eides als eines politischen Manövers.“

Marián Kollár  (Mitte). Foto: ČTK
Aber genau für ein politisches Manöver hält es der Vorsitzende der slowakischen Ärztegewerkschaft, Marián Kollár:

„In der Slowakei ist keine Katastrophe passiert. Im Gegenteil, einige unserer Bedingungen hängen mit dem gegenwärtigen katastrophalen Zustand des slowakischen Gesundheitssystem zusammen.“

Kollár verglich die Begründung, dass die Regierung der Slowakei um Hilfe gebeten habe, mit der Invasion der Sowjetunion 1968. Damals habe man auch ein Hilfeersuchen vorgeschoben um dann eine nicht erwünschte und nicht gebrauchte Hilfe in Form von Soldaten zu schicken.

Mittlerweile scheinen sich die Fronten in der Slowakei zu klären. Regierung und Gewerkschaften konnten sich am Samstag auf einen Kompromiss einigen. Da der kritische Zustand im Gesundheitssystem aber erstmal noch bestehen bleibt, werden auch die tschechischen Ärzte noch in der Slowakei verbleiben.