Bestätigt: In Tschechien wird gestreikt! Treffen der Sozialpartner blieb ergebnislos

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Mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit? Vor allem die Prager stellen sich die Frage, wie sie am Donnerstag zur Arbeit kommen. Denn am Donnerstag soll der Verkehr in ganz Tschechien weitestgehend lahmgelegt werden. Die Gewerkschaften wollen mit ihrem schon länger geplanten Streik gegen die Regierungsreformen protestieren. An den Streikplänen hat sich auch nach den Verhandlungen der Sozialpartner am Mittwochvormittag nichts geändert.

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Viele Bewohner Tschechiens können am Donnerstag eine Situation erleben, mit der sie bislang keine Erfahrung haben. Denn die Mehrheit aller Gewerkschaftsproteste spielte sich zuvor nur in Form von Demonstrationen oder einer Streikbereitschaft ab. Die Öffentlichkeit hat die Proteste der Gewerkschafter darum kaum zu spüren bekommen. In diesem Jahr aber zeigt sich, dass die Gewerkschaften offensichtlich so stark wie noch nie in Tschechien sind. Zu Jahresbeginn drohten die Ärzte mit Massenkündigungen wegen der schlechten Entlohnung im Gesundheitswesen. Nach den Ärztegewerkschaften wollen nun die Verkehrsgewerkschaften der Regierung ihre Macht demonstrieren. Für den Donnerstag riefen sie einen Streik aus, der das ganze Land betreffen soll.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Zur aktuellen Lage gab es am Mittwochvormittag noch ein Sondertreffen der Sozialpartner. Es gelang jedoch nicht, den Streik noch abzuwenden. Premier Petr Nečas erklärte nach den Verhandlungen der Sozialpartner, der Streik werde Tschechien nichts Gutes bringen:

„Der Streik wird nur zu erhöhten politischen Spannungen und vor allem zu wirtschaftlichen Schäden in Milliardenhöhe führen. Allein bei der Eisenbahn werden diese Schäden etliche Millionen Kronen betragen. Wenn man diese Summe in neue Arbeitsplätze investieren würde, wäre das viel nützlicher. Der Streik wird den sozialen Dialog nicht voranbringen. Die Regierung hat ihre Bereitschaft gezeigt, alle wichtigen Änderungen im Sozialbereich mit den Sozialpartnern zu besprechen. Der angekündigte Streik wird auch die Modernisierung des Landes nicht verhindern können. Die Tschechische Republik muss konkurrenzfähig sein. Wir müssen deshalb auf der Modernisierung aller tragenden Systeme bestehen, einschließlich des Renten-, des Steuer- und des Gesundheitssystems.“

Dem Premier zufolge wird das Kabinett auch weiterhin auf die Reformen nicht verzichten. Der soziale Dialog aber soll weiterhin geführt werden. In seiner emotionalen Rede vor den Medien bezeichnete Nečas den Streik daher als ein unbrauchbares Mittel, um Meinungsverschiedenheiten zu lösen:

„Der Streik wird Hunderttausenden Menschen schaden, die mit dem Streik nichts zu tun haben.“

Die Vertreter der Verkehrsgewerkschaften nahmen an den Verhandlungen der Sozialpartner am Mittwoch nicht teil. Auf die Worte der Premiers reagierte der Chef der Metallarbeiter-Gewerkschaft Kovo, Josef Středula:

Jaroslav Hanák und Josef Středula  (Foto: ČTK)
„Wir wollen auf keinerlei Weise der Öffentlichkeit Schaden zufügen. Aber wir sind davon überzeugt, dass in diesem Fall ein Tag voller Unbehagen mehrere mit größerem Wohlbehagen erfüllte Jahre bringen kann.“

Im Namen der Arbeitgeber äußerte sich nach dem Treffen der Sozialpartner der Präsident des Industrie- und Verkehrsverbandes, Jaroslav Hanák. Er versicherte den Gewerkschaftern gegenüber, dass niemand deren Recht auf einen Streik bestreite. Hanák fügte jedoch hinzu:

„Seien wir alle verantwortungsbewusst und ein bisschen bescheidener. Ich bitte sie als Vertreter der Unternehmer, wägen Sie noch einmal ab, ob der Streik wirklich notwendig ist.“

Details darüber, inwieweit der Streik den Verkehr in der ganzen Republik beeinträchtigen wird, waren vor Redaktionsschluss nicht bekannt. Vorerst war nur klar, dass ab Mitternacht der Eisenbahnverkehr für 24 Stunden eingestellt wird. Vor allem im Umkreis der Großstädte sollen die Züge zum Teil durch Busse ersetzt werden. Die Situation im Busverkehr unterscheidet sich von Region zu Region. Im Landkreis Pilsen werden beispielsweise die Busfahrer nur symbolisch streiken. In Brünn wird der Stadtverkehr teilweise eingestellt. Am härtesten aber soll die Verkehrssituation die Hauptstadt Prag treffen. In der Moldaumetropole beabsichtigen die Gewerkschafter, den Stadtverkehr einschließlich der Metro sogar für 30 Stunden einzustellen. In der Hauptstadt sollte daher noch am Mittwochnachmittag nach Lösungen gesucht werden.